Die Deuzer Uhrenfabrik hatte einen sehr guten Ruf
In wenigen alten Häusern im Siegerland hängt noch eine schmale ein Meter hohe Wandkastenuhr, die etwa 25 cm breit ist und aus der Deuzer Uhrenfabrik stammt. Pendel, Gewichte und die Zifferblätter sind hinter einer Glasscheibe zu erkennen. Wegen ihrer Dauerhaftigkeit, genauen Anzeige und Unempfindlichkeit waren sie sehr beliebt. Sie wurden in der Deuzer Uhrenfabrik hergestellt. Es sind nur noch sehr wenige Uhren von der Uhrenfabrikation in Deuz vorhanden. Aber im Stadtmuseum von Freudenberg hängen noch zwei solch herrlicher Wanduhren mit Bildern und Beschreibung des Innenlebens.
Der erste Benzinomnibus der Welt fuhr auch durch Deuz (Foto in der Siegener Zeitung von 1895)
Sicher kennen viele die Herstellung von Uhren im 19. Jahrhundert, sei es die Glashütte in Sachsen, den Schwarzwald oder auch Freiburg in Schlesien wo die bekannten Regulatoren, meist vorne mit verglasten Holzgehäusen, gebaut wurden. Aber wem ist denn bekannt, dass die Aktien – Regulateur Fabrik Deuz, vormals Gebr. Jung & Co. im Siegerland qualitätsvolle Regulatoren anfertigte und als einzige Firma – neben Gustav Becker – auch Postämter des Deutschen Reiches mit Amtsuhren beliefern durfte. Aufgrund intensiver Recherchen konnten circa 20 erhaltene Uhren der Deuzer Uhrenfabrik gefunden werden. So sind zwei Uhren im Freudenberger Stadtmuseum ausgestellt und im Vortragsraum ist ein weiterer Deuzer Regulator zu sehen.
Luftaufnahme von Deuz ( Foto aus deuz php.)
Prinzipiell stammt der Begriff Regulator vom Zeitwort regulieren ab. Im ursprünglichen Sinn war es also eine Uhr nach der der Uhrmachermeister seine anderen Uhren regulierte. Er legte in die Erzeugung dieser Uhr also sein ganzes Können und Wissen um die geringstmögliche Fehlweisungen zu erzielen. Der echte Regulator hat auch ein ganz spezielles Regulatoren – Ziffernblatt, bei dem der Minutenzeiger das große Ziffernblatt beherrscht, während die Stunden- und Sekundenzeiger auf einigen kleineren Hilfsziffernblättern kursieren. Leider wird der Begriff heute für viele normale Wanduhren einfacher Bauart fälschlich verwendet. Eine Wanduhr kann prinziell als Regulator bezeichnet werden, bei der das Uhrwerk mit Ziffernblatt zusammen mit Antrieb, Pendel und Hemmung in einem meist rechteckigen, aufrechten Uhrengehäuse hinter einer Tür mit Glaseinsatz untergebracht ist.
Alter Deuzer Bahnhof (Bild hoerenswert deuz)
Im Jahre 1865 hatten die Gebrüder Jung aus Weidenau ihr Unternehmen nach Deuz verlegt. Es war eine Aktiengesellschaft für Uhrenfabrikation, welche hauptsächlich Wanduhren herstellte. Die Teilhaber der Firma kamen aus Siegen, Netphen und Deuz. Das zweistöckige Gebäude für die Fertigung mit vielen großen Fenstern stand an der Sieg – Lahn – Straße am oberen Ausgang von Deuz. Der Betrieb war technisch gut eingerichtet und gab vielen Menschen etwa zwei Jahrzehnte lang Arbeit. In der Woche wurden circa 25 Uhren gebaut.
Bilder von Regulatoren (Bild antik-lippl.de)
Es wurden Uhren hergestellt mit Gewicht- und Federantrieb, mit Geh- und Schlagwerk sowie mit Regulatoren, das heißt Uhren mit Ausgleichspendel. Die Deuzer Uhren hatten einen sehr guten Ruf. Die benötigten Maschinen wurden zunächst von Hand und Fuß, später dann von einer kleinen Dampfmaschine, angetrieben. Zu Glanzzeiten beschäftigte der Betrieb etwa 100 Arbeiter. Aber auch Heimarbeit wurde vergeben, besonders nach Nenkersdorf und Walpersdorf. Die herrlich verzierten Uhrenkästen wurden in der gut eingerichteten Schreinerei, die zu dem Werk gehörte, selbst hergestellt. Elf Mädchen waren alleine damit beschäftigt die Polierarbeiten an den Kästen auszuführen. Der Grissenbacher August Schneider trug die Verantwortung für den endgültigen Zusammenbau sowie für die genaue Regulierung.
Das Innenteil einer Uhr (Bild Rudolf Schneider)
Auch seine Se. Majestät der König von Preußen hatte auf der Industrie – Ausstellung in Kassel eine Wanduhr von der Deuzer Uhrenfabrik erworben und die Firma hierdurch aufgewertet. Bis zum Ende der Ausstellung hat er den Betreibern die Uhr überlassen, nahm aber Geschäftskarten von der Firma durch einen Vertreter entgegen. Nach kleinen Anfängen hatte im Jahre 1875 die Fabrikation von Regularuhren in Deuz festen Fuß gefasst. Man war sehr bemüht durch Qualität und Fleiß den Bewohnern des oberen Siegtales noch für lange Zeit sich als segensreich erweisen zu können. Es ist schon erstaunlich was in kurzer Zeit mit lauter ungelernten, ungeübten Menschen entstanden ist. Die Arbeiter entwickelten sich in kurzer Zeit zu Fachleuten, die die notwendige Präzision des Uhrenbaus beherrschten. Aller Achtung vor solchem Wirken und Streben. Wegen der Qualität der Uhren brauchte man sich vor der Konkurrenz nicht mehr zu fürchten, sondern man hatte sie zum Teil schon überflügelt.
Räderwerk einer Wanduhr (Bild Stadtmuseum Freudenberg)
Aber die Konkurrenz hatte auf die Dauer doch einen besseren Atem und die Deuzer Uhrenfabrik kam langsam zum Erliegen. Sie ist bereits 1882 in Konkurs gegangen. Bestimmt hat die ungünstige, abseits gelegene Lage einen großen Teil dazu beigetragen. Jakob Irle aus Deuz kaufte 1885 das Aktienkapital. Er verpachtete die Firma später an einen Herrn Hammer aus Laasphe, der die Fertigung wieder aufnahm. Er beschränkte sich aber nur auf die Fertigung von Uhrenkästen. Die Laufwerke bezog er fertig und baute sie nur in die Kästen ein. Er fertigte aber auch noch Kleiderleisten und Garderobenständer aus Holz. An der Salchendorfer Straße errichtete er 1889 ein neues Werk was fünf Jahre später stillgelegt werden musste. Die alte Uhrenfabrik war um diese Zeit bereits abgebrochen. Als Junggeselle hauste der Besitzer Hammer in den Büroräumen des Neubaus bis zu seinem Tod im Jahr 1914. Im ersten Weltkrieg diente das Gebäude als Lager für Kriegsgefangene. Die Firma W. Flender hatte es später erworben und als Blechwarenfabrik eingerichtet.
Literaturhilfe:
Hermann Klein = Die Uhrenfabrik in Deuz
Siegener Zeitung = Bericht vom 29. Juni 1890
Google = Uhrenregulator
Siegener Zeitung vom 22.08.1959 = Regulator – Uhr für den König
Historische Fakten = Siegerländer Uhren für Postämter des Deutschen Reiches