Die Vernichtung des Klubbs im Jahre 1869
Die Nikolaikirche mit dem Häuserblock „Klubb“, 1869 abgebrannt. Historisierendes Aquarell von Wilhelm Scheiner, den Zustand von etwa 1850 darstellend.
„D’r Klobb“ sagten die Siegener und jeder wusste, dass es sich in der Oberstadt neben der Nikolaikirche um einen ganz dicht nebeneinander bebauten Häuserblock handelte. Die markante Häusergruppe „Klubb“ ist vielen Siegenerinnen und Siegener auch heute noch trotz ihrer Zerstörung vor 155 Jahren ein Begriff. Der Klubb, bestimmt ist das Wort durch Club entstanden. Ein Club ist eine Vereinigung von Personen die sich für gemeinsame Interessen oder Aktivitäten zusammen schließen und oft ein Ziel vor Augen haben. Auch die erwähnten Bürger hatten sich bestimmt das Ziel gesetzt, je enger man zusammen rückt, je besser wäre man vor Angriffen von außen geschützt. So baute man 25 kleine, mehrstöckige Häuser Seite an Seite und Rücken an Rücken. Sie waren vermutlich noch mit Stroh gedeckt und hörten zu den ältesten Stadtteilen von Siegen. Wenn Menschen ganz dicht zusammenstehen, wenn eine Stelle im Walde ganz schwarz von Waldbeeren ist, dann haben wir es mit einem Klobb zu tun. Die Bauherren hatten aber nicht daran gedacht, dass sie durch ihre Bauweise einen gefährlichen Brandherd herstellten. Am 1. Oktober 1855 wurde die Turmwache auf dem Dach der Nikolaikirche zu Siegen trotz erheblichen Unmutsäußerungen aus der Bevölkerung abgeschafft. Zahlreiche Menschen befürchteten damals bei einem Brandausbruch das Schlimmste für den Klubb.
Der Klubb (links von der Nikolaikirche) vor seiner Zerstörung am 12./13. April 1869. Vorlage: Stadtarchiv Siegen.
Auch 155 Jahre nach der gewaltigen Brandkatastrophe in der Siegener Oberstadt ist das Gebäudeensemble der Klubb, das sich auf der Grundfläche der seit 1977 so bezeichneten Alfred-Fißmer-Anlage (er war der langjährige Oberbürgermeister der Stadt Siegen) befindet, für viele Bewohnerinnen und Bewohner auch heute noch ein Begriff. Es wurde von dem bedeuteten Heimatmaler Wilhelm Scheiner (er lebte von 1852 bis 1922) zu Beginn des 20. Jahrhunderts mehrfach aquarelliert. Die stadtgeschichtlich wie künstlerisch bedeuteten Darstellungen der engen einst verschachtelten Bausubstanz täuschten ein wenig darüber hinweg, dass der dicht bebaute Klubb mit seinen 25 kleinen mehrstöckigen Häuser ungeachtet der malerischen Idylle einen gefährlichen Brandherd darstellten. Durch die schmale Krämergasse war der Klubb lediglich von der Nikolaikirche getrennt und lag nur wenige Meter vom Rathaus entfernt.
Der Klubb mit Marktplatz und Nikolai-Kirche auf einem Bierdeckel Bild Reklame Irle Bier
Die Siegener Zeitung vom 13. April 1869 brachte zunächst folgenden Kurzbericht: „Ein großes Brandunglück hat gestern Abend 9 Uhr unsere Stadt betroffen. Der Klubb, ein Komplex von zirka 25 Häusern im Mittelpunkt der Stadt in einer Doppelreihe mit der Rückseite aneinander gebaut, steht bis auf das letzte Haus in Flammen und wird soweit sich bis jetzt (3 Uhr morgens) vorausschauen lässt, der Brand erst mit dem völligen in-Asche-legen der Häusergruppe sein Ende finden. Menschenleben sind gottlob bei dem Unglück nicht als verlustig gegangen zu beklagen.“ In der folgenden Ausgabe gab Carl Buchholz einen Bericht der Brandnacht vom 12. zum 13. April 1869, es war übrigens die vierte große Feuersbrunst die Siegen heimsuchte. Nach einem Geschäftsgang war ich um ¼ nach neun wieder zu Hause angelangt, als ich das Feuersignal ertönen hörte. Ich eilte ans Fenster und sah den Turm der Nikolaikirche von hellem Flammenschein gerötet. Ich eilte zur Krämergasse nahe am Klubb und sah das Immelsche Haus mit lichterloh brennendem Giebel, während das dahinterliegende, der Marktseite zugekehrte Haus der Witwe Sturm gleichzeitig in Flammen stand und das Feuer einen raschen, voraussichtlich nicht zu hemmenden Fortgang nahm. Schon eine Stunde nach Ausbruch des Feuers stand die dem Saumarkt zugewendete Frontseite des Klubbs in hellen Flammen. Dicke, schwarze Rauchwolken verwandelten sich in riesige Funkengarben. Das Prasseln der Schiefer und des Holzwerks, das Klirren der Fensterscheiben und dumpfes Krachen stürzender Balken oder zusammenfallender Schornsteine mischte sich mit Klängen der Brandglocke und des Feuerhorns. Aber auch das Rufen der Rettungskräfte nach Wasser das Wehklagen von Frauen und Kindern sowie Stimmen der Tausenden umherstehenden Menschen gab es. Die Frontseite des Klubbs war in hellen Flammen und die davor bewegenden, helfenden, rettenden oder auch müßig zuschauenden Menschen wurden mit vollem Lichtschein überflutet.
Die Fissmer-Anlage in Siegens Oberstadt ist gerade im Sommer beliebt Bild von Westfalenpost
Der Klubb, darüber war man sich im klaren, konnte nicht mehr gerettet werden. Mit großem Eifer und Aufbietung aller Kräfte, aber unter Verachtung der stellenweise großen Gefahren, arbeiteten die städtischen Feuerwehrmänner, unterstützt von einigen Spritzen vom Lande und vom Bahnhof. Aber auch Reihen von Personen jeden Alters und Geschlechts gab es, um die Spritzen mit Wasser zu versorgen. Zunächst beschränkte man sich darauf, das Feuer durch Spritzen zu verlangsamen um die nächstliegenden Häuser und das Dach der Kirche nass zu halten. Aber auch durch Zivilcourage vieler Menschen vor Ort hat man ein größeres Unheil verhindert. Erst gegen Ende des Brandes begann man mit dem Einreißen um die benachbarten Häuser außer Gefahr zu bringen. Um 11 Uhr machte ich einen Gang um den Klubb und sah, dass die komplette Häusergruppe total verloren war. Das Schicksal was man dieser zusammenhängenden Häusergruppe prophezeit hatte war eingetreten. Sein Untergang war besiegelt. Mit ungebändigter Wut fraßen die Flammen an den Häusern und wie Raketen stiegen dicke schwarze Wolken auf in den Himmel. Gegen vier Uhr morgens war das Vernichtungswerk beendet. Man sah von der ganzen Häuserzahl nur noch hier und da eine rauchende Ruine. Ein sich erhebender Wind hätte die untere oder obere Hälfte der Stadt, schlimmstenfalls den größten Teil derselben, in sicheres Verderben gestürzt. Ein günstiges Geschick hat es anders gefügt, hat uns außer der vom Brand angegriffenen Häusergruppe, die ganze Stadt und unsere und ehrwürdige und schöne Hauptkirche erhalten. Danken wir für diese Güte und bestätigen wir diesen Dank in bester Weise durch tatkräftige Unterstützung der durch den Brand schwergeschädigten armen Familien. Geben wir nach Vermögen und freudigen Herzen. Es verloren in der Brandnacht 49 Familien mit rund 200 Personen, darunter viele Tagelöhner, Kleingewerbetreibende und Witwen ihr gesamtes Hab und Gut, beziehungsweise standen vor dem wirtschaftlichen Ruin.
Blick vom Kreishaus in Richtung Oberstadt mit der Nikolaikirche und St. Marienkirche Bild Stadt Siegen
Eine Welle der Solidarität und Hilfsbereitschaft ergriffen die Stadt Siegen. Zahlreiche Benefizveranstaltungen und Kollekten zugunsten der Brandgeschädigten fanden statt. Aber es gab auch Schattenseiten. So häuften sich die Beschwerden über Diebstähle aus den Brandruinen oder über Verleumdungskampagnen. Betroffene wurden denunziert, das Feuer selbst gelegt zu haben. Außerdem zogen sich Rechtsstreitigkeiten mit einigen ehemaligen Hauseigentümern, die einen Wiederaufbau ihrer Wohnhäuser beabsichtigten über Jahre hin, da die Stadt Siegen die Grundfläche des Klubbs in städtisches Eigentum umwandeln wollte.
Auch dieses gibt es in der Oberstadt in Siegen Bild Stadt Siegen
Literaturhilfe:
Siwiarchiv.de: Eine schnurgerade, turmhohe Feuersäule
Westfalenpost: Vor 150 Jahren brennt der Klubb in der Siegener Oberstadt
Heimatverlag Vorländer: Die Vernichtung des Klubbs im Jahre 1869
Wirsiegen: Klick in die Vergangenheit
Adolf Müller Heimatkalender 1974: Die Vernichtung des Klubbs