Die Entstehung und Zerstörung der Burg Hohenseelbach
„Alles was entsteht ist wert, dass es zugrunde geht.“ Diese kleine Weisheit ließ Goethe einst von seinem Mephisto verkünden. Ein Sprüchlein, dass man mit einem weinenden und lachenden Auge auf sich wirken lassen kann. Macht es doch auf die Endlichkeit aller Dinge aufmerksam, aber auch darauf das letztendlich nur durch Vergehen, Neues entsteht.
Der Silbersee im alten Steinbruch auf dem Hohenseelbachskopf Bild von Westfalenpost
Im Grenzsaum des Kreises Siegen – Wittgenstein und des Kreises Altenkirchen im Süden des Siegerlandes, heute in Neunkirchen gelegen, brach vor etwa sieben Millionen Jahren ein Vulkan mit einer gewaltigen Kraft aus der Erde hervor und erschuf den Hohenseelbachskopf wie er später genannt wurde. Der Vulkan trieb mehrere senkrechte Basaltsäulen in Form eines gewaltigen Kegels, 530 Meter über dem Meeresspiegel aus dem Boden hervor. Der massive Basalt war fast 300 m lang, 170 m breit und überragte das Gelände von 20 bis 25 m.
Nach Millionen Jahren der Ruhe, Entwicklung und der Erosion errichteten die Kelten irgendwann zwischen dem fünften und ersten Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung in der La-Tene Zeit eine Fliehburg auf dem Hohenseelbachskopf. Es waren Ringwallanlagen, sogenannte keltische Fliehburgen. Sie waren mit fünf bis sechs Meter hohe Wälle bzw. Mauern umgeben, die aus Erde, Steinen und Stämmen bestanden. Die Fläche dieser Burgen war oft sehr groß, so dass man, wenn eine Belagerung drohte, Vieh mit hinein nahm. Auch Frucht wurde in ihr angebaut, wodurch eine Aushungerung durch den angreifenden Feind oft sehr lange dauerte. An so einer Wallburg musste Jahrzehnte gebaut werden. Der Hohenseelbachskopf, die Mahlscheid und der in rund fünf km Entfernung befindliche Druidenstein waren vermutlich bedeutende keltische Siedlungs- oder Kultstätten.
Basaltreste auf Hohenseelbachskopf Bild von Typisch Westerwald
Im späten Mittelalter dann lässt das Schicksal des viel verzweigten Seelbacher Rittergeschlechtes, was erstmals 1288 urkundlich erwähnt wurde, den gewaltigen Basaltkegel wieder aus dem Dunkel der Vergangenheit emporsteigen. Dieses Geschlecht fand auf dem Hohenseelbachskopf den Höhepunkt und den Niedergang ihrer Macht. Ihr Schicksal und somit auch das der Seelbacher war eingebunden in die Interessen mehrerer Adelsgeschlechter. So jene von Sayn, Nassau, den verarmten Molsbergern und der Erzbischof von Trier. Zu dieser Zeit wurde der gesamte Bergzug des Hohenseelbachskopf auch noch die „Malsch“ genannt. Heute heißt er „Ma(h)lscheid“, in der Nähe des Basaltgesteins lag der „Hoywech,“ was damals ein wichtiger Handelsweg war. Vermutlich ist durch das Geschlecht der Seelbacher der Name Hohenseelbachskopf entstanden.
Von Herdorf zum Silbersee, Schotterbachs aufwärts Bild Von GPS-Wanderatlas
Mit Erlaubnis des Grafen Johann von Sayn errichteten die Seelbacher ab dem Jahr 1350 auf dem Basaltkegel eine Burg. Sie ließen dabei einen 30 m tiefen Brunnen, der immer wasserführend war, in den Basalt treiben. In seiner Nähe stand die Schmiede im nordöstlichen Teil des Burghofes. Das Tor war nach Osten und im Norden wie im Süden stand je ein Turm aus der ihnen eingrenzenden Burgmauer. Die Türme waren nur über die Mauer zu betreten. Wohnhäuser standen an der westlichen Mauer umgeben mit Stallungen. Dem Burgtor zugewandt waren die Fronten der Gebäude und einen kleinen Durchlass gab es in der Burgmauer. So wurde der Hohenseelbachskopf für kurze Zeit Heimstätte, Bollwerk und Machtzentrum der Seelbacher Ritter. Doch schon kurz darauf traf sie der Vorwurf des Erzbischofs von Trier, dass sie vorbeifahrende Händler besonders von Gebhardshain beraubten. War dies wirklich der wahre Grund für die Vernichtung der Burg Hohenseelbach durch Balduin gewesen? Es wurde überliefert, dass die Seelbacher 1351 einer Gräfin von Nassau 500 Mark geliehen haben sollen. Zu damaligen Zeiten eine sehr große Summe. Man muss sich fragen, ob sich eine Frau adeligen Blutes wirklich bei Raubrittern verschuldet hätte?
Basaltabbau auf dem uralten Hohenseelbachskopf Bild von www.komoot.com/de
Nach langen Klagen der wehrlosen Landleute machte sich der Trierer Erzbischof Balduin mit seiner Heeresmacht auf, die Burg Hohenseelbach zu belagern und Rechenschaft zu fordern. Enger und enger schloss sich der Ring der Belagerer um die basaltenen Mauern der Burg. Verzweifelt war die Gegenwehr der Eingeschlossenen. Als der Bischof bald nichts weniger als die Schlüssel der Burg forderte, höhnte Ritter Albrecht, eher solle die Buche im Burghof zu Stein werden als der Trierer einen Fuß auf die Mauer setze. Die Burg aber wurde schon zwei Jahre nach dem Bau, kurz vor der Fertigstellung, durch die Männer des Erzbischof von Trier Balduin von Luxemburg, er regierte von 1307 bis 1354, zerstört. Was auch immer der Grund war, die Burg wurde im August 1352 zerstört und die Seelbacher mussten sich verpflichten, den Hohenseelbachskopf nie wieder zu bebauen.
Der Hohenseelbachskopf trug ursprünglich eine Basaltkuppe Bild www.bing.com/images
Wie so manchen Bergesgipfel des Siegerlandes, so umschwebt auch den Hohenseelbachskopf die Sage mit ihrem geheimnisvollen Schleier. Nur scheu trat hier der Fuß des Wanderers auf, denn Mauerreste und Efeugerank, die heute aus dem Blättergewinde noch hervorlugen, sind die letzten Erinnerungsmale eines längst vergessenen Geschlechts, derer von Seelbach. Edel und hochherzig, treu und bieder waren sie nach Frankenart. Drum wanderte auch manch fahrender Sänger den hochragenden Zinnen dieses Schlosses entgegen. Doch jene Zeiten währten nicht immer. Als Ritter Albrecht dort Herr wurde, da hallten die Mauern nur von Schwerter- und Lanzenklang.
Nun kehrte aber wieder für lange Zeit, zum letzten Mal Ruhe auf dem Hohenseelbachskopf ein. Bereits 1466 wurde zum ersten M al der Abbau des Basalts überliefert. Um 1880 wurden auch Stimmen laut, den Hohenseelbachskopf mit den Resten der Burg und einer noch älteren Ringwallanlage vor dem immer mehr zunehmenden Basaltabbau zu unterbinden. Doch trotz allem Wiederstand wurde 1893 mit dem Bau einer 1,5 km langen Bremsbahn der rücksichtlose Abbau des gewaltigen Naturdenkmals erst richtig begonnen. Aber ab 1917 war der Basaltabbruch nicht mehr rentabel. Auf dem Köppel, wie man den uralten Vulkan auch nannte, wurde aber noch bis Oktober 1926 Basalt abgebaut. Vor dem Basaltabbau wurde von Heimatforschern Reste von keltischen Urnengräbern und mittelalterliche Gebrauchsgegenstände geborgen. Auch konnte man noch Skizzen der keltischen Ringwallanlage und des Burggrundrisses kartografieren. Der Basaltabbau führte zum Entstehen eines Kraters der sich mit Wasser füllte. Dieser 2,5 ha große Silbersee ist heute ein beliebtes Ausflugsziel für Wanderer und Ausflügler, wobei baden und campen strengstens verboten sind.
Der Druidenstein mit dem gewaltigen Basaltkegel Bild Philipp M. Moore
Einige Jahrzehnte krönte aber noch eine verbliebene Basaltsäule den Köppel, bis sie im April 1954 in den Abbruchkrater rutschte. Mit diesem Absturz der allerletzten Säule endete eine über sieben Millionen Jahre dauernde Geschichte um Werden und Vergehen auf dem hohen Seelbachskopf. Doch mit dem Entstehen des Silbersees in dem tiefen Abbaukrater und Ernennung zum Naturschutzgebiet 1956 wurde wieder ein neues Kapitel in der Geschichte des uralten Vulkans aufgeschlagen. Auch dieses wird im Laufe der Zeiten sein Ende finden, um auf seinem Grunde Neues entstehen zu lassen.
Literaturhilfe:
Gerhard Schrep. Die Zerstörung der Hohenseelbach
Heimatverein Struthütten: Hohenseelbachskopf (Strüthütten)
regioport siegerland: Der Mensch ein Vulkan und das Ende ihrer Beziehung
GPS – Wanderatlas: Hohenseelbachskopf
wasserreiseland: Die Zerstörung der Burg Hohenseelbach
wikipedia.org/wiki: Hohenseelbachskopf