Die Heimatmaler Jakob und Sohn Wilhelm Scheiner
Das Bild zeigt die Martinikirche und das unteres Schloss in Siegen. Es ist ein Gemälde von Jakob Scheiner.
Jakob und Sohn Wilhelm Scheiner waren echte Heimatmaler. Sie waren die Maler von Alt Siegen und Alt Köln. Jakob Scheiner hat zuerst fürs Siegerland und später haben beide für Köln gemalt. Es ist unglaublich, welche Mengen an Aquarellen die beiden Künstler im Laufe der Jahre geschaffen haben. Es sind meistens Straßenbilder, Ecken und Winkel aus dem alten Köln und dem alten, schönen Siegen. Heute sind diese Bilder viel wertvoller, weil all die vertrauten, alten Häuser und Winkel in Köln sowie in Siegen den Bomben des letzten Weltkrieges zum Opfer gefallen sind.
Jakob Scheiner wurde vor gut 200 Jahren am 22. Februar 1820 in Siegen Sohlbach geboren. Er wuchs in Ferndorf auf und begann 1835 eine Ausbildung bei einem Vermessungsbüro in Siegen. Er ging später für einige Zeit nach Berlin und Kopenhagen. 1848 gründete er eine lithografische Anstalt, in der hauptsächlich Visitenkarten, Briefköpfe und Geschäftsanzeigen gedruckt wurden. Da er unerfahren war scheiterte das Unternehmen bereits nach wenigen Jahren. Nach der Insolvenz seines Unternehmens entschied er sich 1854 mit seiner Frau und dem 1852 geborenen Sohn Wilhelm nach Köln umzusiedeln. In den 1850er Jahren dokumentierte Scheiner ein Musterbuch der Gebrüder Achenbach. Es zeigt die Eisengießerei in Buschhütten, welche heute noch ein aktives Maschinenbauunternehmen ist. Bei der Köln-Mindener-Eisenbahngesellschaft fand er schnell eine Anstellung, für die er Bahnhöfe und Tunneleinfahrten zeichnete. Als freischaffender Künstler entschied er sich 1872 zu arbeiten. Seine Motive waren in der Hauptsache Stadtansichten von Köln und seiner ehemaligen Heimat Siegen. Später arbeitete er mit seinem Sohn Wilhelm gemeinsam als Maler in Köln Deutz.
Das obere Schloss in Siegen um 1860 Gemälde von Jakob Scheiner.
Ohne künstlerische Ausbildung entwickelte er sich vom technischen Zeichner und Grafiker zu einem bekannten Maler. Werke von ihm wurden auf den Weltausstellungen 1867 in Paris und 1873 in Wien gezeigt und brachten Scheiner Anerkennung und neue Aufträge. Im Künstlerlexikon von Thieme/Becker wird Jakob Scheiner als Landschaftsmaler geführt. Diese Einordnung trifft aber nicht den Kern der Arbeiten von Jakob. Seine eigentliche Profession galt der Bauwerksaufnahme, besonders im Bereich der Industriearchitektur. Die älteste seiner Dokumentationen ist von 1865 und zeigt mit einem Titelblatt und 48 Lithographien ein Bauprojekt der Köln Mindener Eisenbahngesellschaft, die die Strecke Köln Gießen aufführt. Es war eine Werbemappe für die Eisenbahngesellschaft. Spannend ist, dass die Streckenführung heute noch ähnlich ist und man quasi anhand der Mappe eine Reise in die Vergangenheit unternehmen kann.
Seine Motive waren neben seiner Heimat aus dem Siegerland besonders Darstellungen der Kölner Stadtmauer, Industrieanlagen und den Verkehrswegen. Es gab einen ausführenden Einblick in das Stadtbild von Köln im 19. Jahrhundert. Er malte Aquarell – Schaubilder von vielen großen Werken, so von der Gasmotorenfabrik Deutz, vom Carlswerk Mühlheim und von Krupp Essen. Er entwickelte mittels geometrischer Projektion monumentale Fabrik Panoramen aus der Vogelperspektive. 1879/1880 schuf er im Auftrag der Krupp-Gussstahlfabrik eine Vogelschau der Essener Industrieanlagen. Die Bilder aus ihrer Produktion wurden geschätzt und fanden schnell Käufer. Sogar der Kaiser gehörte zu den Bewunderern, entsprechend wurde Jakob Scheiner mit Ordern und Ausstellungen ausgezeichnet.
Portal des RahrbacherTunnels von Jakob Scheiner 1862 gemalt.
Er fertigte eine große Anzahl an Bildern von Siegen und der Sieg, von der Lahn und vom Rhein an. Das Stadtarchiv Siegen verwaltet alleine 320 Stück vom Nachlass Scheiner Siegen. Scheiner malte 1886 und 1896 im Auftrag der Stadt Köln Vogelschauaquarelle die sich heute im kölnischen Stadtmuseum befinden. Im Leipziger Museum befinden sich zehn Schreiben Scheiners, die er an die illustrierte Zeitung in den Jahren von 1870 bis 1874 schrieb. Weiterhin hat die Kölner Kunst- und Museumsbibliothek ein Dossier von Scheiner Jakob 1820 bis 1911 angelegt. Die Ausstellung in der „Kleinen Galerie“ des Siegerlandmuseums vereint aus Anlass des 200. Geburtstages von Jakob Scheiner Zeichnungen, Aquarelle und Drucke aus den unterschiedlichen Schaffensphasen. Auch Anlagen von der Köln-Gießener-Eisenbahn mit der Zweigbahn von Betzdorf nach Siegen, herausgegeben von der Köln-Mindener-Eisenbahn-Gesellschaft. In der pfälzischen Landesbibliothek in Speyer liegen Bilder von ihm für die im Feldzug gegen Frankreich verstorbenen Vaterlandsverteidiger.
Als 1908 seine Ehefrau Johanna geb. Beyer starb, mit der er seit 1849 verheiratet war, siedelte Jakob nach Potsdam zu seinem jüngeren Sohn Julius Scheiner, der 1858 in Köln geboren wurde und 1913 in Potsdam starb. Dieser war Professor der dortigen Sternwarte. Den Professorentitel erhielt Julius 1893 von der Universität Berlin. Er brachte etliche Schriften über die Gestirne und das Weltall heraus und war ein deutscher Astrophysiker. Seinem Sohn Wilhelm, der schon längere Zeit mit ihm zusammen gearbeitet hatte hinterließ er die Weiterführung der Malerwerkstatt in Köln Deutz. Jakob starb 1911 mit 91 Jahren und wurtde auf dem alten Friedhof in Potsdam beigesetzt.
Siegen. Die Nikolaikirche mit dem Häuserblock „Klubb“, 1869 abgebrannt. Historisierendes Aquarell von Wilhelm Scheiner, den Zustand von etwa 1850 darstellend.
Wilhelm Scheiner wurde 1852 in Siegen geboren. Im Alter von zwei Jahren zog er mit seinen Eltern nach Köln wo sein Bruder Julius geboren wurde. Er schloss 1870 seine höhere Schulbildung mit dem Reifezeugnis in der Realschule Kölner Kreuzgasse ab, besuchte danach das Polytechnikum in Aachen um Maschinenbau zu studieren. 1875 wurde er aus dem Armeedienst entlassen da er körperlich untauglich war. Er begann ein Vorbereitungssemester wieder an dem Polytechnikum in Aachen. Er wechselte danach zu den Fachgebieten Chemie und Hüttenwesen. Nach der Ausbildung arbeitete er bei der Rolandshütte in Weidenau, der Friedrichshütte in Herdorf und von 1878 bis 1882 als technischer Leiter bei der Charlottenhütte in Niederschelden. Aus gesundheitlichen Gründen gab er seinen Beruf auf und zog zu seinen Eltern nach Köln und widmete sich der bildenden Kunst.
Er trat als Dreißigjähriger in die Lehre bei seinem freischaffenden Vater und widmete sich der Architektur, der Stadtfotografie sowie der darstellenden Kunst. In Gegensatz zu seinem Vater, der sich seinen Bildern mehr zeichnerisch näherte, führte Wilhelm die Fotografie ein, die er als Vorlage für seine Bilder nutzte. Die fotografische Projektion erfolgte im Atelier mit Hilfe eines selbst konstruierten Vergrößerungsapparates auf der Leinwand bzw. Aquarellkarton. Auf diesen fixierte er anschließend die Konturen mit einem Bleistift. Zahlreiche zeitgenössische Fotografien der Stadt Köln die noch vorhanden sind entwickelte er. Beide Maler haben die Entwicklung der Stadt Köln um die Jahrhundertwende in Bildern und Fotoaufnahmen dokumentiert. Jakob und Sohn Wilhelm unterscheiden sich kaum in ihrem Malstil. Während Jakob eher eine leichtere Manier bevorzugte, wirken die Bilder seines Sohnes etwas kühler. Vielleicht lag es unter anderem daran, dass Jakob seine Bilder frei vorskizzierte. Wilhelm nahm aber gern Fotos als Grundlage für seine Werke.
Am Thürmcheswall, Seilspinnerei in Köln. Zustand 1887 vor dem Abriss. Bild von Wilhelm Scheiner.
Der junge Scheiner Wilhelm war ein Maler Original und lebte einsam und bescheiden. Er arbeitete von morgens bis abends in einer schönen Etage in einem kleinen Zimmer nach dem Hofe zu. Es fehlte überall die staubfegende Frauenhand. Er wollte keine Putzfrau haben, da angeblich eine ihm mal eine wertvolle Skizze verkramt hatte. Er sagte „Jetzt weiß ich wo alles liegt, wenn aber mal aufgeräumt ist weiß ich es nicht mehr.“ Er arbeitete Tag und Nacht mit großer Sorgfalt an seinen künstlerischen Aufgaben und führte ein richtiges Junggesellen Leben. Wilhelm war wenig gesellig und wirkte eigenbrötlerisch, blieb unverheiratet und lebte nach dem Tod des Vaters alleine in der elterlichen Wohnung in Deutz, wo er 1922 starb.
Seine Junggesellen Schrulligkeit, seine Weltfremdheit, vor allem aber das vollständige Aufgehen in seiner künstlerischen Aufgabe ließen jedes vernünftige Wirtschaftsleben bei ihm außer Acht. Er arbeitete mit Sorgfalt Tag und Nacht an Bildern, die seinerzeit nichts einbrachten. Wilhelm Scheiner war aber nicht arm. Denn als die Witwe von seinem Bruder Julius den Nachlass ordnete, fanden sich ganze Mappen voll schöner Aquarelle des Vaters deren Verkauf seinen Lebensabend gut gesichert hätten. Wenn man ihm vorschlug es zu verkaufen sagte er immer, dieses wäre seine Altersversicherung. Er starb mit 70 und dachte bestimmt, dass er auch die 90 wie sein Vater erreichen könnte.
Das Bild zeigt den Heumarkt in Köln, Haus St. Peter. Aquarell von Jakob Scheiner 1887.
Literaturhilfe:
WIKIPEDIA: Jakob und Wilhelm Scheiner
Siwiarchiv.de: Ausstellung Jakob Scheiner 1820-1911
Eduard Schneider-Davids: Jakob und Wilhelm Scheiner
Wikiwand: Jakob Scheiner
Wikipedia: Wilhelm Scheiner
Wikipedia: Julius Scheiner