Erste Spuren der Eisenverhüttung im Siegerland
Das Eisen und seine Verarbeitung hatten das Siegerland tief geprägt, so dass es trotz des kleinen Gebietes eine sehr große wirtschaftliche Bedeutung sowie eine Sonderstellung bekam. Hierdurch hatte es besonders die Beachtung der Geschichtler und Geographen auf sich gezogen. Im Jahr 1800 kamen immer noch rund 35% der geförderten Erze im deutschen Reich aus den Bergwerken des Siegerlandes, welches eine Größe von nur ca. 650 km2 hatte. Bis 1909 ging diese Zahl allerdings auf knapp 10% zurück. Beschäftigt waren im Siegerland im Jahr 1900 über 15.000 Bergleute. Das tiefste Bergwerk war die Grube Eisenzecher Zug in Eiserfeld mit einer Gesamtteufe von 1.343m.
Keltischer Rennofen mit Rinne und Herdgrube für Schlacke (Bild Wikimedia Commons)
Eisen hatte die Gesichte des schönen Mittelgebirges am Oberlauf der Sieg bis zum heutigen Tag beeinflusst. Die letzten Jahrzehnte hatte die Bodenforschung zwar etliche steinzeitliche Funde zu Tage gebracht, aber dieses waren Werkzeuge oder Waffen von Jägern, die nicht sesshaft waren und seinerzeit durch den Hochwald zogen da die Täler zum größten Teil versumpft waren. Während man in den angrenzenden Gebieten der Lahn, Ruhr und des Hönnetals sichere Beweise der Ackerbaukultur hatte, fehlten im Siegerland alle Anzeichen einer festen Besiedlung. Die Eigenart des Siegerlandes erschwerte es, in Grabungen Hinweise zu finden. Durch die jahrhundertalte Haubergskultur wurde der Boden immer wieder umgehackt. Dabei wurden die meisten Spuren einer vorgeschichtlichen Besiedlung verwischt. Oben an den Bergen war die Bodenkrume weggespült worden, aber am Unterhang war dagegen die Anschwemmung so groß, dass man bei Ausgrabungen kaum Erfolg hatte.
Die Grube Stahlberg in Müsen ist eine der ältesten Bergwerke im Siegerland (Foto Stadt Hilchenbach)
In Trupbach wurden nach einer umfangreichen Begehung und Beratung große Bodenuntersuchungen gemacht um etwas über die Vergangenheit zu erfahren. Planmäßige Bodenabtragungen brachten zwar eine überraschende Fülle von Schlacken, Scherben und verschiedene Werkzeuge zu Tage die man neben den Feuerstellen und Öfen fand, jedoch die gesuchten Grabreste oder Hausgrundrisse waren auch hier nicht vorhanden. Es ist lediglich eine Annahme, dass das Siegerland als Durchgangsland der Anrainern im Norden und Süden wegen seines Eisenerzes bekannt wurde und deswegen auch besiedelt wurde. Erst um etwa 500 vor Chr. waren es die Kelten, die sich bei uns sesshaft machten und in kuppelförmigen Öfen aus Lehm und flachen Steinen das Erz zu verhütten verstanden. Die keltischen Eisensucher, die ihre Verhüttungsverfahren vom Süden mit brachten fanden ein wertvolles Erz, welches leicht zu gewinnen und zu verhütten war. Hierzu bot der Urwald reichlich Holz zur Verkohlung und die Bäche des regenreichen Landes genügend Wasser.
Freilegung eines Schmelzofen aus dem 3. Jahrhundert v. Chr. in Niederschelden (Bild Trägerverein-Ein Siegerländer Tal
Die Fundplätze der ältesten Verhüttung umfassten stets mehrere Schmelzöfen. Im Dorf Achenbach bei Siegen wurde auf einer Länge von 180 m alleine 20 Eisenschmelzen an einem Bach festgestellt. Noch vor Beginn unserer Zeitrechnung überrannten germanische Völkerstämme die Kelten und zerstörten ihre Wallburgen. Sie verzichteten aber auf das sonst übliche totale Gemetzel und zogen eine friedliche Koexistenz vor, denn sie wollten die hohen Fähigkeiten der Kelten erlernen.
Die verdienstvollen Bodenforscher Otto Krasa und Paul Theis hatten zahlreiche Hüttenplätze entdeckt und brachten somit den Beweis der Vergangenheit. Die Eisenöfen waren reichhaltig vorhanden, so dass man daraus schließen konnte, dass das Siegerland seinerzeit nicht dünn besiedelt war. Da jeder Fundplatz mehrere Öfen hatte und noch zahlreiche Hüttenplätze auf Ausgrabung harren, wurde die Gesamtzahl der Eisenschmelzen auf weit über 500 geschätzt.
Der Renn- oder Frischofen Ausgegraben in Wilnsdorf /Obersdorf (Foto Verein für Siegerländer Bergbau)
Bereits vor Chr. Geburt ging der Bergbau bei uns aufgrund des hohen Holzkohleverbrauches zurück, denn man kannte noch keine Technik zur Aufforstung der abgeholzten Wälder. Aber um 100 nach Chr. rissen die Erzeugnisse plötzlich ab, so dass wir im Siegerland vor einem geschichtlichen Dunkel standen. Was hatte der plötzliche Abriss trotz der vielen Pfundstellen für ein Grund? Man nahm an, dass der enorme Holzkohlebedarf der zahlreichen Verhüttungsanlagen an den damit raubauartigen Waldschlag die Abwanderung der Bevölkerung gegeben hatte. Es musste seinerzeit weit und breit kaum noch ein kräftiger Baum gestanden haben. Im 7. Jahrhundert wurden die ersten Stollen angelegt, da der Stollenbau viel effektiver war. Ab dem 9. Jahrhundert wurden die Stollen vermehrt angelegt. Etwa im Jahre 1000 wurde der Oberflächenabbau eingestellt.
Bild aus der Grube Eisenzecher Zug in Eiserfeld um 1910 (Autor/Urheber unbekannt)
Vom alten Königshof Haiger ausgehend musste erst in der karolingischen Zeit eine erneute Blütezeit der Eisenverhüttung im Siegerland begonnen haben. Als Karolinger Zeit bezeichnet man die frühgeschichtliche Archäologie, eine Periode Mitteleuropas, die einen Zeitraum von 751 n. Chr. bis 919 n. Chr.. Es war also eine Zeit, in der Karl der Große König des Fränkischen Reiches war. Es begann nun eine neue Epoche des Siegerlandes mit einer erneuten Blüte der Eisenverhüttung. Die Besiedlung der Täler begann mit dem Gebiet des Netpherlandes und dann das Gebiet zwischen Weiß und Heller. Zu den ältesten Ortsnamen gehören diejenigen, die mit den Endungen -fe und -pe enden. Es sind Netfe, Dielfe, Dreispe und Littfe. Die erste erwähnte urkundlich erwähnte Ortschaft war Ferndorf 1067. Zwischen 1079 und 1089 werden auch die Orte Siegen, Holzklau, Müsen, Klafeld und Holdinghausen das erste Mal erwähnt.
Eingangsportal des Reinhold Forster Erbstollen, Siegen-Eiserfeld, heute genutzt als Schaubergwerk.
(Bild Wiki. Reinhold Forster Erbstollen)
Die vermutlich älteste Grube im gesamten Siegerland war die Grube Stahlberg, allerdings ohne urkundlichen Nachweis. Am 4. Mai 1313 wurde sie zum ersten Mal urkundlich erwähnt. Die Grube Stahlberg war ein Eisenbergwerk im Gebiet des Hilchenbacher Ortsteils Müsen. Wegen ihrer mächtigen Eisenerzgänge war sie besonders bekannt, so dass Kaiser und Könige sie besuchten. Der Allenbacher Hammer gehörte zu den ältesten wassergetriebenen Industrieanlagen des Siegerlandes. Eine Blashütte wurde hier schon 1417 urkundlich erwähnt, 1463 war ihr bereits ein Wasserhammer angegliedert. Die Urpfarreien Siegen und Netphen gehörten zum Dekanat Arfeld im Erzbistum Mainz. Die ältesten Kirchen zu Siegen und Netphen waren auch deswegen dem heiligen Martin als Schutzheiligen geweiht. Mit der Ausnutzung der Wasserkraft begann ein neuer Abschnitt der Siegerländer Wirtschaftsgeschichte. Die Übernahme des Wasserrades bildete die entscheidende Voraussetzung hierfür. Es wanderten damit die Hüttenplätze und Waldschmieden zur Wasserkraft an die größeren Bäche in die Täler hinab. Dieses hatte das Siegerländer Eisengewerbe zur Talindustrie gemacht.
Literaturhilfe:
Paul Fickeler: Das Siegerland
Wikipedia: Grube Stahlberg
Trutzhart Irle: Am Anfang stand das Erz
Otto Krasa: Wasser Eisenland – Industriekultur in Südwestfalen
Wikipedia.org: Anfänge der La-Terne-Zeit und Entwicklung
Verlag Vorländer: Siegerländer Heimatbuch