Etwa 3000 Bergschüler wurden unterrichtet
Die französische Fremdherrschaft, die 22 Jahre dauerte, war zu Ende und der Wiener Kongress begann. Er dauerte von September 1814 bis Juni 1815 und legte nach der Niederlage Napoleons zahlreiche Grenzen in Europa neu fest. Der einst blühende Bergbau im Siegerland war in dieser Zeit der Kriege stark zurückgegangen. Durch den Wiener Kongress waren große Teile der Herzogtümer Berg und Westfalen an Preußen gefallen. Auch das Siegerland war hierbei preußisch geworden. Die neu erworbenen Landesteile waren für Preußen sehr wichtig, denn es war ein Reichtum an Mineralien verschiedener Arten vorhanden. Der Bergbau und die Hüttenindustrie gaben seinerzeit dem Siegerland ein blühendes Leben. Aber durch die Kriegszeiten war ihre Entwicklung zurück geblieben. Nachdem das Siegerland erworben wurde war eine Sorge der Preußischen Regierung dieses Erzland wieder schnell zu neuem Glanze zu verhelfen. Man bemühte sich sehr stark, dass die Hüttenindustrie und der Bergbau wieder ein blühendes Gewerbe wurden.
Das untere Schloss wo im Kürländer Flügel die erste Bergschule eingerichtet wurde
Von dem neu errichteten Oberbergamt, später Königliches Oberbergamt, richtete Graf von Beust 1815 einen Fragenkatalog an die amtierenden Revierbergmeister Jung, Stein, Doering, Menzler, Schmidt und Engels wie dieses zu verwirklichen wäre. Um die Bildung von Führungspersonal im Siegerländer Bergbau auszubilden. Junge Qualifizierte an den Bergakademien studierene Bergmänner würden benötigt. Durch eine gezielte Ausbildung sollten sie später Führungsfunktionen als Steiger sowie Gruben- und Rechnungsbeamte ausführen. Bei der ersten Befahrung der Bergwerke am 25. September 1816, an der neben dem Grafen Beust auch Oberberghauptmann Gerhard aus Berlin teilnahm, wurde folgendes festgehalten: „Endlich wird noch die Errichtung von Bergschulen empfohlen, um Steiger auszubilden.“ Für zweckmäßig und nötig hielt es auch Oberbergrat J. P. Becher in Siegen eine Bergschule zu errichten.
Die Wellersbergschule wo ab 1933 die Bergschule zu Hause war
Bereits in der Frühphase der Industrialisierung wurde das Führungspersonal des Bergbaues in einer Bergschule ausgebildet. Ziel war es ein breites Wissen für den Bergbau zu haben, um die vielen Aufgaben unter Tage fachgerecht und wirtschaftlich durchführen zu können. Da die Schulbildung vieler Bergleute für den Besuch einer Bergschule nicht ausreichten, wurden zu Beginn des 20. Jahrhundert an verschiedenen Orten Vorbergschulen angeboten. In solch einer Schule wurden die Bergleute in ihrer Grundausbildung für den Besuch einer Bergschule vorbereitet. In Siegen gab es keine Vorbergschule.
In dieser Schule war ab Juni 1955 die Bergschule beheimatet.
Nach Überwindung vieler Schwierigkeiten führten diese Bemühungen schon bald zum Erfolg, denn Siegerländer Bergleute waren sehr gefragt. Am 6. April 1818 wurde die Königliche Bergschule in Siegen eröffnet. Mit zehn Schülern startete zunächst der Unterricht unter Leitung von Bergamtsdirektor Leberecht Schmidt. Als Schulzimmer wurde ein Raum im Kürländer Flügel des unteren Schlosses hergerichtet.
Morgens wurde der praktische Teil des Unterrichtes durchgeführt. Dazu wurde die in der Nähe bereits stillgelegte Grube Schleifmühlchen und Bechers Stollen wieder eröffnet, um den Schülern Gelegenheit zur Bergarbeit zu geben. Nachmittags wurde dann in der Schule Mathematik, Bergbaukunst, Zeichnen und schön Schreiben unterrichtet und gelernt. Aber die Schüler waren gezwungen sich noch nebenher Geld zu verdienen. Denn ein Bergschüler zu sein ohne Nebenverdienst war in Siegen nur schwer möglich.
An der Grube Neue Haardt in Weidenau die 1961 ihre Produktion einstellte
Bis 1827 war Schmidt der erste Schulleiter. Danach wurde Oberbergrat Carl Ludwig Heusler bis 1830 Leiter der Schule. Ab 1930 trennte man die praktische und theoretische Ausbildung und es ging aufwärts mit der Schule. Die Schülerzahlen stiegen aber nie über 18 Schüler. Der Schulbetrieb kam 1851/52 nach dem Tod Heuslers zum Erliegen. 1854 wurde eine neue Organisation der Schule vorgenommen und Wilhelm Lorsbach wurde bei der Wiedereröffnung Schulleiter.
Die Gruben im Bergamt Siegen und die umgebenen finanzierten nun die Schule und aus der Königlichen wurde eine staatlich private Bergschule. Es war der Siegener Bergschulverein der gerichtlich eingetragen war, ihm gehörten die meisten Erzgruben in weiter Umgebung als Mitglieder an. Die Satzung sah vor, dass private und staatliche Gelder die Schule finanzieren sollten. 1861 wurde das Siegener Bergamt aufgelöst und die Schule verlor durch Versetzung fast alle Lehrer. Es folgte die Einrichtung der Königlichen Berg-Hypotheken-Kommission unter der Führung von Bergrat Brockhoff, der auch für die Schule verantwortlich war. 1867 wurde die Vereinbarung wieder aufgelöst und die Revierbeamten der Bergreviere Siegen I und II übernahmen die Leitung der Schule.
Grube Pfannenberger Einigkeit (1910) Schloss 1962 als letzte Grube im Siegerland ihre Tore.
Da seinerzeit einige Bergschulen vorhanden waren gab der Minister für Handel und Gewerbe, Reinhold von Sydow, am 26. Oktober 1910 folgenden Erlass heraus. Alle Schüler die das Abschlusszeugnis mit Erfolg von einer Bergschule bekommen hatten waren berechtigt Bergmannskleider zu tragen. Uniformen wurden zum Beispiel beim Militär, Polizei und der Feuerwehr getragen, im Bergbau sagte man dazu eher Kittel, Tracht oder Kluft. Dieses gilt für Betriebsführer- und Obersteigerstellen sowie die technischen Werksbeamten für die im rechtsrheinischen Teil des Oberbergamtsbezirkes Bonn gelegenen Bergwerke. Aber auch für den gesamten Braunkohle-, Erz- und Dachschieferbergbau Preußens.
Die Schule hatte nun die Aufgabe, ausgebildete Bergleute für den Beruf von Betriebsbeamten in den verschiedenen Bergbauwerken vorzubereiten. Erst Ende des 19. Jahrhunderts gab es einen Aufschwung in der Bergschule. Der Grund war, weil die Schule in Düren geschlossen wurde und die Schülerzahl auf 24 stieg. Einen großen Einschnitt in das Schulleben brachte der erste Weltkrieg, da viele Schüler eingezogen wurden oder sich zum Dienst meldeten. Im August 1914 kamen nur vier Schüler zum Unterricht so dass der Schulbetrieb vorübergehend eingestellt werden musste. Die Rückkehr zum geregelten Betrieb war erst 1921.
Schüler der Bergschule Siegen in Jahre 1882 (Foton Hendrik Schulz)
Im unteren Schloss wurde 1933 eine Einrichtung für das Landgericht geschaffen. Unsere Schule zog in die ehemalige Wellersbergschule, welche 1907 als Volksschule errichtet worden war. Nach dem zweiten Weltkrieg hatte die Bergschule 135 Schüler und zwölf Dozenten und Überlegungen für einen Neubau kamen ins Gespräch. Trotz des absehbaren Endes des Siegerländer Bergbaues wurde der Grundstein am 17. April 1953 gelegt und am 16. Juni 1955 wurde die neue Schule eingeweiht. Durch die Schließung der beiden letzten Gruben im Kreis Siegen, Neue Haardt in Weidenau 1961 und Pfannenberger Einigkeit in Salchendorf 1962, verlor die Bergschule ihre Existenzgrundlage. In einigen Orten Westdeutschlands wurde sie durch die staatlichen Ingenieurschulen für Bergwesen ersetzt.
Bergkittel der von den Schülern der Bergschule in Siegen getragen wurde.
An drei wechselnden Standorten war die Bergschule Siegen untergebracht. In ihr wurden etwa 3000 Bergschüler von 122 Bergschullehrern und 16 Bergschuldirektoren unterrichtet. Man darf getrost sagen, dass die Schüler von der Bergschule Siegen nicht nur im Siegerland, sondern weltweit einen guten Ruf hatten und oft in leitenden Stellungen waren.
Literaturhilfe:
Karl Heupel: Bergschule Siegen
WIKIPEDIA: Bergschule
Siegerlandmuseum: Bergschule zu Siegen
WIKIPEDIA: Bergschule Siegen
Hugo v. Königslöw: Die Bergschule in Siegen