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Die Glockengießerei in Afholderbach

Wenn man über die Bundesstraße 62 von Netphen durch Afholderbach fährt steht links ein altes Fachwerkhaus was über der Haustüre folgende Inschrift hat: „Dieses Haus ist erbaut durch Johannes Knebel und Margrete Kramer / Zimmermeister ist gewesen Johan Iost Stoezel Langenholdinghausen, den 16 ten Maey 1800.“ Die Jahreszahl 1800 kann nur den Umbau von diesem Haus meinen, denn der Glockengießer Johannes Knebel hat bereits 1789 in diesem Haus gewohnt. Dieses Haus ist heute noch vorhanden. Das Gelände hinter dem Haus wird det Glockehörfche genannt. Zwischen dem Gockehörfche und dem Bauherrn besteht ein Zusammenhang. Das Glockengießerhandwerk war im Siegerland in den früheren Jahrhunderten ein Wandergewerbe. Aber Afholderbach besaß Ende des 18. Jahrhundert eine eigene Glockengießerei. Hinter dem Haus in einem Gebäude befand sich die Werkstatt in der die gegossenen Glocken den letzten Schliff bekamen. Daher auch der Name det Glockehörfche. Aber wo befand sich eigentlich die Gießerei für diese Glocken?

Die Alte Burg bei Afholderbach  Geländemodell (Bild Rouven Meidlinger)
Die Alte Burg bei Afholderbach Geländemodell (Bild Rouven Meidlinger)

Man hat lange nach ihr gesucht. Bei Ausschachtungsarbeiten für einen Neubau auf dem jetzigen Elingschen Grundstück fand man im Herbst 1959, circa einen Meter unter der Erde, an einem leicht ansteigenden Südosthang, Reste der einstigen Glockengießerei. Das Glockengießbett bestand aus Bruchsteinen und kleinen Feldbrandziegeln. Es war 85 cm lang und 60 cm breit, es war an beiden Längsseiten mit einem etwa 75 cm starken Mauerwerk umgeben. Die Öffnung nach Nordwesten hatte keinerlei Mauerreste. Nach Osten war ein aus Bruchsteinen gemauerter 30 cm breiter Kanal, der eine Länge von gut 2,50 Meter hatte. Man fand aber auch viele Bronzereste und einige Scherben aus dem 17./18. Jahrhundert. In dieser Glockengießerei sind nachweisbar wenigstens acht Glocken für verschiedene Ortschaften gegossen worden.

Afhodrbacher Weiher (Bild Heimatverein Afholderbach)
Afhodrbacher Weiher (Bild Heimatverein Afholderbach)

Die Glocke für die Gemeinde Afholderbach hatte folgende Inschrift: „Zum Dienste des Herrn rufe ich, die Toten auch beklage ich, Aufruhr und Feuer mir bekannt sein und gehöre der reformierten Gemeinde zu Afholderbach. Johann Knebel daselbst goß mich anno 1791.“ Nach jedem Satz erfolgte ein kleiner Blattschmuck, der auch den Kranz der Glocke zierte. Die Glocke hatte einen Durchmesser von 50 cm. Die zwei Griffe am Helm waren mit vier cm hohen Köpfen verziert. Sie musste im zweiten Weltkrieg für Rüstungszwecke abgegeben werden. Nachdem feststand, dass die alte Glocke nicht mehr auffindbar war hat die Gemeinde bei der Glockengießerei Rinker in Sinn eine neue Bronzeglocke in Auftrag gegeben. Am 14. April 1949 kam sie nach Afholderbach, dabei kam es zu einer großen Feier mit der ganzen Gemeinde. Die Inschrift der Glocke: „Geboren aus deutschem Leid, ruf ich euch zur Einigkeit. Friede und Wohlstand kann nur gedeihen, so Einigkeit herrscht, in der Familie, in der Gemeinde, im Volk und unter den Völkern.“ Der Redner schloss mit folgenden Worten: „Möge die neue Glocke recht lange unser eigen sein, mögen ihre Klänge im Glück uns erfreuen und im Leid uns trösten, mögen sie aber immer mahnen zur Einigkeit.“

Die Obersdorfer Glocke von der Afholderbacher Glockengießerei
Die Obersdorfer Glocke von der Afholderbacher Glockengießerei

Die Glocke für die Gemeinde Beienbach wurde 1768 gegossen mit der Inschrift: „Zu Afholderbach hab ich müssen fließen, die Gemeinde Beienbach hat mich lassen gießen.“ Die Deuzer Glocke wurde 1797 gegossen. Nach dem umgießen 1806 erhielt sie folgende Inschrift: „In die reform. Gemeinde Deuz gehöre ich. Zu Afholderbach hat umgegossen mich Joh. Knäbel 1806.“ Eine weitere Glocke die für die Gemeinde gegossen wurde ist leider nicht mehr vorhanden. Auch sind die Inschrift und das Geburtsjahr nicht bekannt.

Backfest in Afholderbach 2023  (Bild Heimatverein Afholderbach)
Backfest in Afholderbach 2023 (Bild Heimatverein Afholderbach)

Für die Gemeinde Grissenbach sind auch zwei Stück gegossen worden. Die Glocke für die kath. Kapelle wurde 1911 umgeschmolzen und 1914 zu Kriegszwecken endgültig eingeschmolzen. Auch hiervon ist die Inschrift nicht bekannt. Die Glocke der ev. Kapelle ist noch vorhanden und trägt folgende Inschrift: „Lasset uns auf den Berg des Herrn gehen, kommt zum Hause des Gottes Jakob / Die Grissenbacher Gemeinde hat mich gießen lassen, gegossen zu Afholderbach, Joh. Knebel 1791.“ Da die Kapelle entwidmet worden ist, läutete die Glocke am 7. Juni 2021 also nach 231 Jahren das letzte mal offiziell.

Auch die Glocke der Gemeinde Grund musste im zweiten Weltkrieg abgegeben werden. Nach Kriegsende hat man sie in Hamburg wieder gefunden. Leider war sie nicht mehr zu gebrauchen und wurde deswegen eingeschmolzen. Die Glocke trug folgende Inschrift: „Die Gemeinde Grund hat mich lassen gisen + zu Afholderbach hab ich müssen fließen + Joh. Knebel daselbst goß mich anno 1812.“

Ortsmitte Afholderbach (Bild GPS Wanderatlas)
Ortsmitte Afholderbach (Bild GPS Wanderatlas)

Auch die Glocke in der alten Schule der Gemeinde Obernau wurde von Joh. Knebel gegossen und trägt folgende Inschrift: „Ich rufe allen, Groß und Klein und bin der reform. Gemeinde Obernau allein. Johann Knaebel zu Afholderbach goß mich anno MDCCLXXXXIII.“ (also 1793) Das kleine Glöckchen hatte eine bewegende Geschichte, es rief zum Hand- und Spanndienst auf und läutete auch zu den Beerdigungen und zwar so lange bis der Leichenzug das Obernauer Gebiet verlassen hatte. Obernau hatte seinerzeit noch keinen Friedhof. Ob weitere Glocken in Afholderbach gegossen wurden ist nicht bekannt. Johann Knebel starb 1827. Mit seinem Tode kam auch das Glockengießerhandwerk in Afholderbach zum Erliegen. Die Glocken sind in christlichen Kirchen nicht wegzudenken und blicken auf eine 5.000-jährige Geschichte zurück. Sie gelten als Symbol für die Verkündigungen christlicher Botschaften.

Literaturhilfe:
Hermann Kronshage: Die Afholderbacher Glockengießerei
Afholderbach: Die Geschichte eines Siegerländer Dorfes
Vivat! Magazin: Glocken Brauchtum und Entstehung
Siegener Zeitung: Grissenbacher Kapelle entwidmet

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