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Die Familiennamen kamen erst sehr spät

Alle Menschen hatten etwa 500 bis 1000 Jahre nach Christus nur einen Rufnamen. Man lebte in kleinen Dörfern und jeder kannte jeden mit seinem Rufnamen. Bis etwa zum 12. Jahrhundert war das ausreichend. Aber nun wuchsen die Orte und die Bevölkerung nahm immer mehr zu. Wenn es in einem Ort zum Beispiel fünf Heinrichs und vier Marias gab, wusste keiner mehr wehr bei einem Ruf gemeint war. Um die Verwechselungen zu vermeiden mussten also Beinamen, die Familiennamen herbei.

Beethovens Taufeintrag, Text dazu: Beethovens Taufeintrag im Stadtarchiv Bonn (Bild aus dem Stadtarchiv Bonn)
Beethovens Taufeintrag, Text dazu: Beethovens Taufeintrag im Stadtarchiv Bonn (Bild aus dem Stadtarchiv Bonn)

Der Familienname ist ein Teil eines Menschennamen. Er ergänzt den Vornamen und drückt die Zugehörigkeit zu einer Familie aus. Bei verheirateten Frauen gibt es neben den Familiennamen auch den Geburtsnamen. In der Schweiz sagt man auch Geschlechtsname. In Deutschland gibt es etwa 800 000 unterschiedliche Familiennamen. Die häufigsten Familiennamen in Deutschland sind Müller 265 000, Schmidt 195 000, Schneider 121 000, Fischer 102 000, Weber 90 000, und Meyer 84 000. Der seltenste Familienname der in Deutschland nur einmal vorkommt ist Wollseif. Dieser Name ist nach Aussage von Herrn Wollseif auch einmalig in Europa.

Taufen wie im Jordan, Text dazu: Pool – Taufe im Wizemann in Stuttgart (Bild von Microsoft)
Taufen wie im Jordan, Text dazu: Pool – Taufe im Wizemann in Stuttgart (Bild von Microsoft)

Die germanischen Namenswörter, die im Anfang da waren, bedeuteten einst Wehr und Waffe, Kampf und Sieg sowie Kraft und Kühnheit. Sie priesen Treue und Ehre, Adel und Besitz, klugen Rat sowie Ehrfurcht vor den Göttern. Beispiele solcher Namen sind Gottfried (Gott + Friede), Hermann (Heer + Mann), Hildebrand (Krieg + Schwert), Sieglinde (Sieg + mild). Infolge der Christianisierung traten immer mehr Namen von Heiligen anstelle der Germanischen in den Vordergrund. Es waren die Namen Petrus, Jacobus, Maria, Elisabeth, Dorothea, Antonius, Matthäus und Nicolaus. Die Namensschreibung war im Mittelalter nicht einheitlich. So erschien ein Hugo auch als Hug, Hügli und Hugi, der Rudolf wurde auch Rüetschi, Ruedi und Ruoff genannt. Erst im Laufe der Zeit wurde daraus der eigentliche Familienname. Zuerst tauchten beim Adel die Familiennamen auf.

Pest Tod im Taufeintrag, Text dazu: Pest Tod im Taufeintrag (Bild von Daniel Kuss)
Pest Tod im Taufeintrag, Text dazu: Pest Tod im Taufeintrag (Bild von Daniel Kuss)

Die Beinamen, die später zu Familiennamen wurden, entstanden im Mittelalter vor allen aus fünf Quellen. Es war die Herkunft, der Beruf, der Wohnort, der Name von Vater oder Mutter und die persönliche Eigenschaft. So kam Herr Böhm aus Böhmen. Herr Busch wohnte am Wald, Frau Bach an einem Gewässer und Herr Berg hat auf oder an einem Berg gewohnt. Es bildeten sich auch Familiennamen aus körperlichen oder charakterlichen Eigenschaften wie groß, klein, dick, dünn, lieb, böse, krumm, gerade usw. Die wohl meisten Namen sind aus den Berufen hervorgegangen. So wie Schäfer, Bauer, Fischer, Schneider, Schuster, Schmied, Weber, Steinmetz, Zimmermann, Wagner (Wagenbauer), Barbier (Friseur) und noch viele mehr. Oft sind die Namen aus Berufen erstanden die wir heute nicht mehr kennen. Die Namensentwicklung dauerte sehr lange und war erst im 15. Jahrhundert abgeschlossen.

Kirchenbuch, Text dazu: Taufregister in einem Kirchbuch aus dem 18 Jahrhundert (Bild aus Media Viewar)
Kirchenbuch, Text dazu: Taufregister in einem Kirchbuch aus dem 18 Jahrhundert (Bild aus Media Viewar)

In Skandinavien und im Friesland wollten die Menschen diese Familiennamen aber nicht annehmen. Erst im 19. Jahrhundert beugten sie sich dem amtlichen Zwang. So ist es heute noch in Island üblich den Vornamen vom Vater als Familiennamen zu verwenden. Heißt der Vater zum Beispiel Emil so wird sein Sohn mit dem Namen Emilsson, also der Sohn von Emil, heißen. Bei den weiblichen Kindern hängt man die Silbe „Dottir“ also Tochter an. So heißt der Familienname dann Emilsdottir. Die Namen haben oft eine Bedeutung gehabt, die man nicht mehr auf Anhieb erkennt. So war Meier zum Beispiel ein Mensch, der einen Bauernhof für den Besitzer leitete und die Produkte einsammelte.

Stammbaum, Text dazu: Sehr schöne Ahnentafel zum Ausfüllen (Bild aus  mcbuero.de)
Stammbaum, Text dazu: Sehr schöne Ahnentafel zum Ausfüllen (Bild aus mcbuero.de)

Auch im Siegerland hatten vor etwa 500 Jahren fast alle Menschen nur einen Rufnamen. Nur ganz wenige hatten zwei, es war meistens der Spitzname. Da sollte der Siegener Pfarrer an einem Sonntag vier Jungens mit dem Namen Hannes taufen. Er rief die vier Väter zu sich und sagte: „Neuerdings muss ich alle Täuflinge in ein dickes Buch, das Taufbuch eintragen. Es wurden dabei die Namen der Eltern, der Paten und der Tauftag eingetragen. Wenn ich jetzt viermal eintrage es wurde der Junge Hannes getauft, weiß keiner mehr, wenn er später gerufen wurde wer gemeint war. So schreibe ich bei euch Hannes Müller ein, weil ihr das Müllerhandwerk betreibt. Den zweiten werde ich Hannes Wilhelm taufen, weil es der Sohn vom Kirchenältesten Wilhelm ist. Den nächsten werde ich Hannes Achenbach taufen, weil es der Sohn vom Hofe Achenbach bei Siegen ist. Der vierte wird mit Hannes Jüngst getauft, weil er unter seinen Brüdern der Jüngste ist“. Es hatte keiner was dagegen und so erhielten die vier Hannes in Siegen einen zweiten Namen.

Stammbaum der königlichen families, Text dazu: Die Royals-Stammbaum der Königlichen Familie Großbritannien (Bild aus everydayslackrr)
Stammbaum der königlichen families, Text dazu: Die Royals-Stammbaum der Königlichen Familie Großbritannien (Bild aus everydayslackrr)

Im Jahr 1876 wurden im ganzen Deutschen Reich Standesämter eingerichtet. Hintergrund war der seit 1871 eskalierende Kulturkampf, in dem Reichskanzler Otto von Bismarck und die Liberalen vor allem gegen die katholische Kirche Front machten. In Deutschland gibt es heute mehr als 40 000 Standesämter. In der Schweiz nennt man dieses Amt Zivilstandsamt. Das Standesamt ist in Deutschland ein Amt zur Erledigung der im Personenstandsgesetz vorgesehenen Aufgaben. Folgende Vorgänge können von einem Standesamt beurkundet werden, die Geburtsurkunde, die Eheurkunde und die Sterbeurkunde.

Davor gab es nur wichtige Eintragungen in die Kirchbücher, die jede Kirchengemeinde zu führen hatte. Die Eintragungen machten der zuständige Pastor bzw. die Pastorin in deutscher Schrift. Zur Führung der Kirchbücher hatte die Evangelische Kirche eine Kirchenbuchordnung herausgegeben. Eingetragen wurde die Taufe, die Konfirmation die Trauung und die Beisetzung. Interessant ist, dass das Geburtsdatum nicht eingetragen wurde. Man schätzte es später ein bis zwei Wochen vor der Taufe. Wer Ahnenforschung in den Kirchenbüchern durchführt, muss die deutsche Schrift lesen können, hatte kein Geburtsdatum und einst auch keinen Familiennamen.

Literaturhjlfe:
Familienname: Wo kommen sie her?
Die deutschen Familiennamen
Wie vier Hannes einen zweiten Namen bekamen.
Die seltensten Familiennamen
Familienname und Herkunft

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