Das ehemalige Dahlbrucher Krankenhaus
Das Dahlbrucher Krankenhaus von mächtigen Parkbäumen umgeben im Jahe 1950
Anfang April 1945 lag Dahlbruch täglich unter Artilleriefeuer. Am Sonntag den 8. April erlebten die Dahlbrucher dann ein 1 ½ stündiges Trommelfeuer. Danach rückten vorsichtig und ängstlich amerikanische Truppen, aus Richtung Allenbach kommend, ein. Ein schweres Geschütz wurde auf Webers Driesch aufgestellt. Die Abschüsse die auch bei Nacht, nach Littfeld gingen, erschütterten das ganze Dorf.
Die Amerikaner beschlagnahmten in Dahlbruch schnell das große Gebäude an der Wittgensteiner Straße 151, welches später Krankenhaus wurde und zogen hier ein. Diese Villa war nach einem Bauantrag vom 30.07.1874 von Wilhelm und Ernst Klein gebaut worden. Überprüfungen und Hausdurchsuchungen fanden in den nächsten Tagen statt. Die Amerikaner, die schon bestens Bescheid wussten, fuhren ständig Streife und brachten die Nazis von Dahlbruch und Umgebung mit zur Villa und sperrten sie hier in den Keller. Nach einem Verhör wurden sie dann später, wenn genug Personen zusammen waren, mit einem Lastwagen in ein Lager transportiert. Noch verwirrter wurde die Lage, als die Fremdarbeiter und Gefangenen, die Dahlbruch auch hatte, vorübergehend Plünderungsrecht hatten. Es gab auch Personen, die sich für einige Tage in Sicherheit bringen mussten.
Der Betreiber und der Chefarzt des Krankenhauses Dr. Hans Stelbrink
Erwähnenswert ist noch, dass sich in Dahlbruch in zwei Villen an der Wittgensteiner Straße auch ein russisches Sonderkommando einquartiert hatte. Sie hatten einen Bericht zu erstellen über die russischen Kriegsgefangenen und Verschleppten, die seinerzeit im Siegerland waren. Sie lebten in Saus und Braus, im Gegensatz zu der hungernden Bevölkerung. So musste Bauer Müller aus der Winterbach ihnen täglich 12 Liter Milch liefern. Beim Abzug im Sommer 1946 atmete die Bevölkerung erleichtert auf. Die zwei von ihnen bewohnten Villen waren sehr herunter gekommen.
Im Eingangsbereich des Krankenhauses v.l. Hausmeister Alfons Dörr, Frau Stelbrink, Dr. Hans Stelbrink, Frau Dr. Meißner, Dr. Müller und Dr. Horst Schröder.
In den Nachkriegsjahren war der Bedarf an Krankenhausbetten besonders im nördlichen Siegerland sehr groß, denn das Hilfskrankenhaus in Stift Keppel war wieder aufgehoben worden. Von der Siemag mietete der später leitende Chefarzt Dr. Hans Stelbrink die oben erwähnte Villa Klein, in der die Amerikaner zuvor waren und richtete in ihr 1946 die Dahlbrucher Klinik ein. Die Bevölkerung, aber auch die Industrie nahm diese Privatklinik, da sie Vertrauen zu Dr. Stelbrink und seinem Team hatten, sehr gut an.
Eine hohe Auslastung hatte die Dahlbrucher Privatklinik mit Schwerpunkt Chirurgie stets. Sehr bald stellte sich aber heraus, dass dieses Krankenhaus einfach zu klein war um wirtschaftlich auf diese Art und Weise zu arbeiten. Aus diesem Grunde waren wirtschaftliche Zwänge auch der Grund, die betreibende GmbH mit Dr. Hans Stelbrink als alleinigem Gesellschafter aufzulösen.
Operation im Dahlbrucher Krankenhaus in den 1950er Jahren
1954 trat an ihre Stelle ein Konsortium der damaligen Ämter Keppel und Ferndorf sowie die Stadt Hilchenbach. Sie übernahmen die Einrichtungsgegenstände des Krankenhauses und verpachteten sie an Dr Stelbrink. Das eigentliche Gebäude wurde weiterhin von der Firma Siemag angemietet. Es wurde ein ,,Paritätischer Ausschuss zur Förderung der Klinik Dahlbruch‘‘ gegründet. Dieses Aufsichts- und Leitungsorgan wurde von Vertretern der beteiligten Kommunen und der heimischen Industrie gebildet. Durch das Engagement der beteiligten Kommunen und der Industrie sowie das erfolgreiche Wirken von Dr. Stelbrink, konnte die Klinik auch weiterhin aufrecht erhalten werden. Nicht unerwähnt dürfen die Spenden und Beihilfen von der Industrie sowie den Behörden bleiben.
Viele bewegende Jahre hatte das Dahlbrucher Krankenhaus erlebt. Die meisten Zimmer hatten mehrere Betten so wie es seinerzeit fast überall üblich war. Da es keinen Aufzug hatte, wurden die Patienten, egal in welchem Zustand sie waren, immer durch das Treppenhaus in eine andere Etage befördert. Es hatte nicht den Standard der heutigen Krankenhäuser. Aber böse Bakterien, wie sie heute überall in deutschen Krankenhäusern sind und den Patienten sehr zu schaffen machen, kannte man damals in Dahlbruch kaum.
Der Chefarzt Dr. Stelbrink begrüßt eine Patientin
Laut Unterlagen, die im Hilchenbacher Stadtarchiv lagern, betrug der Umsatz 1955 im Dahlbrucher Krankenhaus 342 366,06 DM und 1961 schon DM 563 218,69. Aus einer Bestandsaufnahme vom 31.12.1954 geht unter anderen hervor, dass 74 Betten, neun Couchbetten, vier Kinderbetten (Säuglinge), ein Entbindungsbett, 30 Bettpfannen sowie eine Bindenwickelmaschine vorhanden waren. Im Archiv lagert auch ein interessantes Angebot vom Juni 1958. Angeboten wurde der Narkoseapparat Modell ‘‘Romulus‘‘ für Sauerstoff, Lachgas und Kohlensäure für 2 695,00 DM.
Die Feuerwache in der Fludersbach in Siegen mit ihren Rettungsfahrzeugen für Kranke und Verletzte um 1955
Der Rettungshubschrauber flog noch nicht. Aber ein Krankenwagen mit Fahrer stand für das Dahlbrucher Krankenhaus ständig bereit. Da das Deutsche Rote Kreuz seinerzeit von den Besatzungsmächten verboten, war wurde der Krankenwagen und der Fahrer von der Feuerwehr Siegen gestellt. Das Dahlbrucher Krankenhaus zählte seinerzeit zu den ganz wenigen Gebäuden, die im Amt Keppel schon einen Erdgasanschluss hatten.
Eine Aufnahme vor dem Dahlbrucher Krankenhaus
In den Kellerräumen des Krankenhauses wurde für Personal und Patienten gekocht. Neben dem Haupteingang stand ein großer Pavillon. Er war schön eingerichtet, denn in ihm war die Verwaltung und Lungenkranke, bzw. Patienten mit ansteckenden Krankheiten untergebracht. Hinten am Dahlbrucher Krankenhaus zum Park hin war ein herrlicher, mächtiger Wintergarten, der von den Besuchern nicht zu erblicken war. Hier lagen die Privatpatienten, die es seinerzeit auch gab. Ganz oben in einer Ecke war das Sterbezimmer. Ja, es war alles vorhanden.
Krankenwagen der Feuerwehr Siegen mit ihren Fahrern zur damaligen Zeit
Die Ansprüche und die gesetzlichen Anforderungen an die Krankenhäuser nahmen ständig zu. Man hatte immerhin 70 Betten und stellte sich Ende der 50er Jahre die Frage. Wollen wir die Klinik in Dahlbruch umbauen und erweitern? Platz für eine Erweiterung war da, aber das Parkplatzproblem wäre kaum lösbar gewesen. Wenn die Klinik auch von mächtigen Bäumen umgeben, in einem herrlichen Park lag, wäre der Geräuschpegel von der Bundesstraße 508 sehr störend gewesen.
Nach reiflicher Überlegung entschloss man sich für einen Neubau. Da in Dahlbruch kein geeignetes Gelände vorhanden war, fiel die Entscheidung in Kredenbach ein Krankenhaus zu bauen. Die Grundsteinlegung für das neue Krankenhaus im oberem Siegerland erfolgte am 6. Oktober 1962. Sehr froh war man, dass mandie Innere Mission Siegerland als Träger gewinnen konnte, die diese Funktion später dem neu gegründeten Evangelischen Krankenhausverein Siegerland übertragen sollte. Am 20. März 1965 wurde der erste Patient im Krankenhaus Kredenbach, der Bernhard-Weiss-Klinik, aufgenommen.
Der Abbruch des Dahlbrucher Krankenhauses hat begonnen
Noch im selben Jahre wurde die Klinik und der Pavillon in Dahlbruch, die an der Wittgensteiner Straße 151 lagen, abgebrochen. Die enormen Schuttmassen wurden in unmittelbarer Nähe als Untergrund bei der Straße Obere Schweißturth mit eingebaut und die Klinik in Dahlbruch gehörte der Geschichte an.