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„Mönkersch oder Werwersch Hus omm Dahlbruch" im neuen Glanz

Bevor der Name Dahlbruch das erste Mal erwähnt wurde, müssen die drei mächtigen Bauernhäuser am obersten Dahlbruch schon gestanden haben. Auf die heutige Sprache zum besseren Verständnis übersetzt hieß es seinerzeit folgendermaßen: Anno (14)67 Hermann IIIequait Rechenschaft Einnahmen und Zoll von dem Bergmeister von Müsen ebenso Hermann Berg zum Dahlbruch von der hohen Grube 8 Fuder Stein, je das Fuder 11 Schilling, hatte ihm mein gnädiger Herr (gemeint war Johann IV. Graf von Nassau) zwei Jahre gegeben. Diese Rentei Rechnung befindet sich beim Landesarchiv NRW in Münster. (Ein Fuder bezeichnete man seinerzeit das Volumen einer Fuhre oder Wagenladung, es war also vor allem ein Begriff des Transportwesens). Die drei Gebäude hießen seinerzeit das Neren-Nieder-Haus im Bereich Hochstraße 6, welches 1850 abgebrannt war. Weiterhin das Mettelste-mittleren-Haus Hochstraße 14. Genannt wurde es Franzenhof-Werwersch oder auch Münkersch. Von diesem mittelsten Haus wurde dieser Bericht aufgelistet, sowie das Hinderste Hochstraße 16, auch Oberste Hingern genannt. Durch diese drei Gehöfte sagen heute noch die alten Dahlbrucher Dreidorf zu Dahlbruch.

Die Hochstraße um 1940 von Süden aus gesehen (Bild Stadt Hilchenbach)
Die Hochstraße um 1940 von Süden aus gesehen (Bild Stadt Hilchenbach)

Die Ortschaften des Ferndoftales, so auch die Dahlbrucher, standen jahrhundertelang in wirtschaftlicher Abhängigkeit vom früheren Nonnenkloster Keppel, dem heutigen Stift. Es wurde anno 1239 erstmals erwähnt und erlangte im Laufe der Zeit durch Stiftungen und Schenkungen der Landesfürsten und des einheimischen Adels einen sehr bedeuteten Grundbesitz. Zum größten Teil waren diese Güter an Bauernfamilien in Erblehnspacht vergeben. Die Pachtbedingungen beruhten einst nur auf mündliche Vereinbarungen. Erstmals wurde am 23. August 1759 ein schriftlicher Vertrag mit allen Lehnshofleuten, der die beidseitigen Bedingungen festlegte, abgeschlossen. Aus Dahlbruch unterzeichneten damals vier Männer den Vertrag und waren somit Erblehnsträger. Aber auch zwei Frauen schlossen solch einen Vertrag ab. Da sie des Schreibens unerfahren waren, hatte ein Nachbar für sie unterzeichnet. Als Erblehnsträger in Dahlbruch unterschrieben: 1. Johann Heinrich Jüngst, 2. Johann Franz Braun, 3. Johann Jakob Freudenberg, 4. Johann Georg Gläserner, 5. Hermann Brauns Wittib. 6. Johann Georg Schreibers Wittib. Aber auch zwei Männer aus der Winterbach, vier von Hillnhütten und zwei von der Schweisfuhrt unterzeichneten als Lehnhofsleute. Die preußische Regierung verabschiedete am 02.03.1850 das Rentenbankgesetz. Dieses sah unter anderem vor, dass Erblehnsträger durch eine einmalige Abfindungssumme die Besitzergreifung der bewirtschafteten Erblehnsgüter ermöglichte. Die dafür zu zahlende Summe war der achtzehnfache Betrag der jährlichen Abgaben. Dieser Gesetzesweg hatte es in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ermöglicht, dass alle Lehnsgüter von der Gemarkung Dahlbruch in den Besitz der auf ihn wohnenden Familien übergingen.

Münkers Haus in den 1930 Jahren, noch mit einem mächtigen Scheunentor und einer 150-jährigen Ulme.
Münkers Haus in den 1930 Jahren, noch mit einem mächtigen Scheunentor und einer 150-jährigen Ulme.

Die älteste Urkunde über eine Fläche der ehemaligen Gemeinde Dahlbruch ist laut Siegener Urkundenbuch von Dr. F. Phillippi am 08.03.1319 datiert. Graf Heinrich von Nassau tauschte hierbei mit dem Kloster Keppel ein Gut in der Breitenbach gegen die Kirche zu Wehbach in der Nähe von Lützel aus (heute Wehbachtal). Hierbei wurden Felder in der Heerlebach (heute Hörbach) benannt. Wahrscheinlich bestand Dahlbruch zu dieser Zeit noch nicht. 1563 hatte Dahlbruch eine Einwohnerzahl von 36 Seelen. Es waren die drei schon beschriebenen Wohnhäuser vorhanden und 63 Stück Rindvieh wurden gehalten. Es würde den Rahmen des Berichtes sprengen, wenn alle Personen, die in mehreren Jahrhunderten in diesem mächtigen Fachwerkhaus gelebt hätten, aufgelistet würden. Aus diesem Grund wurde es nur auf wenige beschränkt.

Wie ein Skelett stand Münkers Haus Anfang der 1980er Jahre, ohne Außen- und Innenwände, ohne Fußboden, Decken, Türen und Fenster in der Hochstraße (Bild Archiv Siegener Zeitung)
Wie ein Skelett stand Münkers Haus Anfang der 1980er Jahre, ohne Außen- und Innenwände, ohne Fußboden, Decken, Türen und Fenster in der Hochstraße (Bild Archiv Siegener Zeitung)

Münkersch Hus heißt eigentlich Werwersch. Es handelt sich tatsächlich um Webers Haus am obersten Dahlbruch mit dem Namen Franzenhof. Der erste Hausnamen bezog sich auf das mittelste Haus der drei Fachwerkgebäude. Der Name (1607) Franzenhof ist eine Ableitung des Vornamens Franz Wurmbach, der schon 1576 hier gelebt haben soll. Lehnpächter wurde danach der Schwiegersohn Franz Wurmbach, der auch Frantz auff Talbruch genannt wurde. Verheiratet 1599 mit Margreth Schumacher und in zweiter Ehe heiratete sie Heinrich Schweisfurth. Er war Hoffmann zum Dahlbruch (1607), Gerichtsschöffe (1646) sowie Gewerke am Müsener Stahlberg (1640). Verheiratet war er in zweiter Ehe mit einer Catharina (1585-1687), die 102 Jahre und 7 Monate alt gewesen sein sollte.

Das wunderbar renovierte Mönkersch Hus  1883 in der Hochstraße (Bild Archiv Siegener Zeitung)
Das wunderbar renovierte Mönkersch Hus 1883 in der Hochstraße (Bild Archiv Siegener Zeitung)

Dieses Haus war seit 1794, vermutlich aber schon früher im Familienbesitz Weber. Durch Beschluss des Anerbengerichtes in Siegen im März 1935 kam der Hof nach dem Tod von Hermann Weber im Jahr 1941 in den Besitz von Werner Münker. Da aus der Ehe Weber/Bruck keine Kinder hervorgingen, wurde Werner Münker (1911-1980) als Kindes statt aufgenommen. Werner war in erster Ehe mit Ruth Richter (1914-1945) und in zweiter Ehe mit Gertrud Klara Freudenberg (1919-1964) verheiratet. Als die Nazis das Reicherbhofgesetz erlassen hatten wurde Hermann Weber, der den Franzenhof bearbeitete, Erbhofbauer.

Die Siegener Zeitung befasste sich im August 1983 mit diesem Vorhaben, das Münkersche Haus, eines der ältesten in Dahlbruch, von Grund auf zu renovieren. Das mehrere Jahrhundert alte Gebäude und unter Denkmalschutz stehende Haus, ein typisch Siegerländer Fachwerkbau, stand damals ohne Außen- und Innenwände, ohne Fußboden, Decken, Türen und Fenster als quasi nacktes Fachwerk-Skelett in der Hochstraße, es sollte nicht nur restauriert, sondern etwas höher gesetzt und durch eine Umgestaltung der Innenräume ein behagliches Heim mit Komfort des 20. Jahrhunderts werden. Der erst kurze Zeit in Dahlbruch praktizierende Augenarzt Dr. Stahl hatte das alte Bauernhaus von den Münkerschen Erben erworben und war bemüht, das Balkenwerk so weit wie möglich zu erhalten. Das Gebäude gehörte seinerzeit zu den Weiler „Auf dem Thahlbruch“. Auch das Bauamt des Kreises Siegen legte ebenso wie der Landeskonservator in Münster besonderen Wert darauf, den Charakter des Gebäudes zu bewahren. Das bedeutet, die Konstruktion aus Eichenbalken soweit wie eben möglich zu sichern und nur morsch gewordene Streben und Träger durch neue zu ersetzen.

Altes Fachwerkhaus in Dahlbruch Hochstraße 18 (Bild Foto und Bild/fotos)
Altes Fachwerkhaus in Dahlbruch Hochstraße 18 (Bild Foto und Bild/fotos)

Von fachkundigen Architekten und Handwerkern wurde das Gebäude nach einjähriger Arbeit fertiggestellt und konnte in Kürze, mit gediegener stilgerechter Haustür bezogen werden. In der Außenansicht ist es ganz genau seinem entsprechenden Vorbild wieder entstanden. Es gab zwar in der Zwischenzeit auch Ärger zwischen dem Kreisbauamt, dem Bauherrn und dem Architekten, weil das Balkenwerk total auseinandergenommen werden musste. Aber der neue Bau war so wie er sich dem interessierten Betrachter präsentiert. Es ist als Schmuckstück zu bezeichnen und für einen dauerhaften Wert für Dahlbruch geworden, wenn auch das Ortsbild durch die großen Gebäude und Fabrikhallen geprägt waren.

Der neue Hauseigentümer hätte wohl für die gleichen Kosten, nein sicher viel billiger, ein neues Wohnhaus im modernen Betonstil erstellen können. Der Bauherr zog aber die Atmosphäre und die Heimseligkeit eines alten Bauernhauses einem Bungalow nach kalifornischem Vorbild vor. Dieses Beispiel sollte in einer Zeit, da die Baggern in manchen Orten des Siegerlandes und in seiner Nachbarschaft Fachwerkhäuser reihenweise abreissen und Industriebetriebe bei ihrem Ausdehnungsdrang kaum noch Rücksicht nehmen, als nachahmenswertes Beispiel verstanden und respektiert werden. Es wäre gut, wenn es auch anderen Hauseigentümer Anstöße geben würde, den alten Siegerländer Baustil zu pflegen und zu erhalten, damit das lebendige Gesicht unserer Dörfer erhalten bliebe. Auch Hausnamen haben heute nur noch ihre Zeit. In Zukunft wird man wahrscheinlich weder von Werwersch noch von Mönkersch, sondern von Stahls sprechen.

Literaturhilfe: Reinhard Gämlich: Beiträge zur Geschichte Hilchenbachs
Heinz Bensberg: Die Chronik von Dahlbruch
Wilhelm Müller: „Mönkersch Hus Omm Dahlbruch“ in neuem, Glanz
Nordrhein-Westfälisches Staatsarchiv in Münster
Wikipedia: Fuder
Hermann Weber: Mönkersch Hus heißt eigentlich „Werwersch“
Wikipedia: Stift Keppel

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