Skip to main content

Oberbergmeister Johann Heinrich Jung

Der älteste Sohn des Kohlenbrenners Eberhard Jung aus dem Dörfchen Grund wurde am 22. Februar 1711 in der Kirche zu Hilchenbach getauft. Das Geburtsdatum stand nicht bei der Taufeintragung, man schrieb es damals noch nicht auf. Es musste kurze Zeit vorher gewesen sein als Johann Heinrich Jung geboren wurde. Sein Taufpate Johann Heinrich Jung war noch ledig. Der Täufling wurde somit Johann Henrich genannt.

Oberbergmeister Johann Heinrich Jung (Autor unbekannt - Familienarchiv Heinrich Bonnenberg)
Oberbergmeister Johann Heinrich Jung (Autor unbekannt - Familienarchiv Heinrich Bonnenberg)

Schon in früher Jugend musste Johann Heinrich seinem Vater beim Kohlenbrennen helfen. Sein fünf Jahre jüngerer Bruder Wilhelm war der Vater des später so berühmt gewordenen Jung Stilling. Da er gebrechliche Füße hatte musste er mit seinen vier Schwestern im Haushalt sowie Garten und in der Landwirtschaft die Arbeit verrichten. Der Schulunterricht in so abgelegenen Dörfern ließ seinerzeit viel zu wünschen übrig. Oft wurde nur zur Winterzeit ein dürftiger Unterricht gegeben, von Lehrern die im Hauptberuf noch Handwerker waren. Den besten Lehrmeister und Erzieher hatte der strebsame Knabe aber an seinem Vater. Die Wanderungen zu und von der Arbeitsstätte waren für die Unterweisung wie geschaffen. Er lenkte schon früh den Sinn des Knaben auf das Erhabene und Göttliche.

Als Johann Heinrich zehn Jahre war wurden Landvermessungen in der Gegend von Hilchenbach vorgenommen. Mit staunenden Augen sah der Knabe die Vermessungsinstrumente und wie sie gehandhabt wurden. Sehr erfreut war er, als die Eltern auf Bitten des Geometers die Erlaubnis erteilten, mitlaufen sowie dabei helfen zu dürfen. Leider ging diese schöne Zeit viel zu schnell vorbei. In dem Jungen war aber etwas geweckt worden, was ihn nicht mehr zu Ruhe kommen ließ. Er ließ sich nun kostenlosen Unterricht im Rechnen. von dem Rentmeister des Stiftes Keppel Johannes Aurand geben. Es war nicht leicht nach der Schicht etwa eine Stunde bis nach Allenbach zu laufen. Um Mitternacht kehrte er oft erst heim. Morgens um vier Uhr ging es dann wieder fröhlich zur Arbeit. Er war bald so weit fortgeschritten, dass er im Rechnen keinen weiteren Unterricht mehr benötigte.

J. H. Jungs Wohnhaus in Kreuztal-Littfeld (Bild Stadtarchiv Kreuztal)
J. H. Jungs Wohnhaus in Kreuztal-Littfeld (Bild Stadtarchiv Kreuztal)

Johann Heinrich machte gerne Handarbeiten aber noch lieber arbeitete er mit dem Kopf. Er bat seinen Vater, dass er Schulmeister werden durfte um sich weiter bilden zu können. So wurde er 1726 als 15-jähriger Schulmeister auf der Lützel. Und 1727 Dorfschullehrer in seiner Heimatgemeinde Grund. 1729 wurde er in der selben Eigenschaft nach Littfeld gerufen, wo er bis 1740 Schulmeister war. Im Jahre 1730 erlernte er die Markschneidekunst, das Vermessungswesen im Bergbau und die Anfertigung von Gangkarten. Im Jahre 1733 heiratete er Anna Eva Schloß, die Tochter des Kirchenältesten aus Littfeld. Sie hatten sechs Kinder drei Töchter und drei Söhne. Ihr Sohn Johann Helmann Jung (1734-1809) folgte seinem Vater als Bergbeamter und wurde Bergmeister und Hüttenkommissar in Müsen. Mit Drechseln und Uhrmachen verdiente Johann Heinrich sich nebenher Geld, das er zum größten Teil in seine Fortbildung und die Anschaffung von Büchern steckte.

Grube Heinrichssegen bei Littfeld/Siegerland um 1910 (Autor unbekannt)
Grube Heinrichssegen bei Littfeld/Siegerland um 1910 (Autor unbekannt)

Zur damaligen Zeit waren die meisten wissenschaftlichen Werke in lateinischer Sprache geschrieben. Er ließ sich nicht abschrecken und machte das Studium in Latein mit Erfolg. Er hatte für alles Interesse, aber besonders für den Bergbau, der ja in Littfeld und Müsen vorhanden war. Seine Instrumente die er für die Markschneidekunst brauchte hatte er mit eigenen Händen hergestellt.

Sein berühmter Neffe Jung Stilling, den er immer unterstützte, erzählte eine schöne Geschichte. In der Grube Wildberg im Oberbergischen sollte ein neuer Schacht geteuft werden. Ein Grubenbeamter berechnete den Punkt wo mit dem Schacht niedergegangen werden sollte. Ein anderer Markschneider gab nach seiner Berechnung einen anderen Punkt an. Nun markschneidete der Freiherr, der zugleich Minister von Hessen-Kassel war. Sein Punkt war von den beiden anderen Punkten weit entfernt. Da machte ein Bergmann den Minister auf Johann Heinrich Jung aufmerksam. Trotz Hohnlachens der beiden Grubenbeamten wurde Jung herbeigeholt. Nach dem der Minister die Instrumente gesehen hatte, fing Jung an zu messen und legte einen vierten Punkt fest. Auf die Frage des Ministers wer denn Recht hätte? Ich habe Recht antwortete Jung und setzte sein ganzes Hab und Gut zu Pfande. Jung hatte Recht und dadurch die Gunst und Freundschaft des Ministers erworben.

Geburtshaus von Johann Heinrich Jung Grund/Siegerland (Aus Archiv Heinrich Bonnenberg)
Geburtshaus von Johann Heinrich Jung Grund/Siegerland (Aus Archiv Heinrich Bonnenberg)

1744 wurde Jung Markschneider der Grube Victoria und 1748 Sachverständiger für Gesteinskunde. Durch seine einflussreiche Freundschaft mit dem Pfarrer Molitor in Rahrbach wurde Jung immer mehr mit Vermessungsarbeiten beauftragt. Er bekam sehr viele Aufträge, so dass er zeitweise seinen Bruder Wilhelm beschäftigte. Von 1748 bis 1785 führte er Vermessungen im Großraum Siegen, Olpe, Schmallenberg und Attendorn durch. Inzwischen hatte er großes Vertrauen in dem Siegerländer Bergbau erworben und wurde im Jahre 1750 Bergschöffe und Markschneider im Fürstentum Nassau-Siegen. Ihm zu Ehren wurde die Grube Plätze in den Namen Heinrichsegen umgewandelt. Es war ein großer Zusatzbetrieb bei dem J. H. Jung die meisten Kuxe hatte. Aber er gab nicht auf und glaubte an den Erfolg dieser Grube. Er hatte recht, denn seinen Erben brachte diese Grube später sehr reichen Segen, denn es konnte hier noch reichhaltig Erz gefördert werden.

Ölgemälde von Bergmeister Johann Heinrich Jung (Aus Archiv Heinrich Bonnenberg)
Ölgemälde von Bergmeister Johann Heinrich Jung (Aus Archiv Heinrich Bonnenberg)

In der Grube Stahlberg zu Müsen löste J. H. Jung 1755 eine handgetriebene Haspel durch eine wassergetriebene Förderwinde ab. Diese lief bis zum Durchschlag des Müsener Erbstollens im Jahre 1780 problemlos. Ebenso eine von Jung für die Grube Stahlberg erfundene und gebaute Wasserhebemaschine. Auch eine andere Besonderheit der Grube Stahlberg wurde von J. H. Jung konzipiert und gebaut. Eine Treppe auf der man einen bequemen Niederstieg durch alle Geschosse des Bergwerks hatte. Diese Treppe reichte hinunter auf den tiefsten Gang sowie hinauf zum Austritt aus dem Berg.

Noch eine Begebenheit, die sein Neffe Jung Stilling erzählte, möchte ich hier auflisten. Es war im Jahre 1767 auf einer Gewerkenversammlung wo unser Oberbergmeister den Vorsitz hatte. Mit vielen anderen Gewerken war auch Pastor Seelbach, der große Anteile an den Müsener Gruben hatte, erschienen. J. H. Jung und Pastor Seelbach waren nie Freunde gewesen. Wenn Jung in seiner Bescheidenheit nicht oft geschwiegen hätte, wären harte Zusammenstöße unvermeidlich gewesen. Zum Schluss erhob sich der Pastor und sagte zu den Anwesenden: „Es ist wahrscheinlich das letzte mal, dass ich unter ihnen bin da meine Kräfte immer mehr abbauen. Ich bitte alle, die ich beleidigt hatte um Entschuldigung.“ Alles schwieg wegen dieser Worte eines Geistlichen. J. H. Jung ging aber auf ihn zu und bat ihn ebenfalls um Verzeihung und um seinen Segen. Darauf umarmte ihn Pastor Seelbach und sagte: „Sie sind gesegnet, sie und Ihre ganze Familie und das um des Mannes willen, der oft mein Stolz und meine Freude war.“ Mit letzteren meinte er den Vater des Oberbergmeister, den alten Eberhard Jung. Auf eine große und zahlreiche Nachkommenschaft ist dieser Segen übergegangen.

Gedenktafel für Johann Heinrich Jung an der Kapellenschule in Littfeld
Gedenktafel für Johann Heinrich Jung an der Kapellenschule in Littfeld

Bereits 1757 wurde J. H. Jung zum Bergmeister (Ehrenbeamter) für das obere Revier ernannt. Das Siegerländer Bergrevier wurde damals in zwei Bereiche unterteilt. Unteres Revier mit Sitz in Gosenbach und das obere Revier mit Sitz in Müsen. Im Jahre 1785 wurde J. H. Jung zum Oberbergmeister ernannt. Jung hatte einige Wasserhebemaschinen für Gruben bauen lassen, die durch Wind oder ein Wasserrad angetrieben wurden. Für die Wasserlösung der Grube Rhonrad bei Olpe ließ Jung 1762 eine kombinierte Wind-, Hand- und Ochsenmühle bauen.

Am 28. Februar 1786 ist Oberbergmeister Jung unter großer bergmännischer Beteiligung aller Bergschöffen, Steiger, Schichtmeister, Bergknappen, Schneid- und Pochjungen, alle in ihren Bergmannstrachten des Bergreviers Krombach, auf dem Gottesacker zu Krombach bestattet worden. Pastor Klingelhöfer hielt die Grabrede über 2. Tim. 4, Vers 7 und 8: „Ich habe einen guten Kampf gekämpft, ich habe den Lauf vollendet, ich habe Glauben gehalten. Hinfort ist mir beigelegt die Krone der Gerechtigkeit, welche mir der HERR an jenem Tage, der gerechte Richter, geben wird, nicht aber mir allein, sondern auch allen, die seine Erscheinung lieb hatten.“

Literaturnachweis:
Hermann Engelbert: Hinterhüttsche Chronik
Karl Sabath: Johan Heinrich Jung
Hessische Genealogie: Oberbergmeister Johann Heinrich Jung
Wikipedia: Johann Heinrich Jung (Bergmeister)

Druckversion (nur Text) als pdf-Datei zum Herunterladen