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Als ,,det Juggelche’’ noch ratterte

Das Juggelche im Jahr 1930
Das Juggelche im Jahr 1930

Anfang der 1850er Jahre begann man die Eisenbahntrasse für die Ruhr-Sieg-Strecke auch durchs Siegerland zu planen. Die Bahnlinie sollte durch Müsen, dem damaligen Industriezentrum des oberen Ferndorftales, geführt werden. Mit allen nur denkbaren Mitteln wehrten sich die Müsener, dass über ihr Hoheitsgebiet eine Eisenbahn fahren sollte. Sie hatten Erfolg und 1857 wurde die Trassierung durch Müsen endgültig fallen gelassen. Mit dieser Haltung hatte man die Beerdigung der Hütten und Hämmer im Rothenbach- und im oberen Ferndorftal eingeläutet, was bestimmt nicht gewollt war. Aber auch weitere wirtschaftliche Vorteile hatte man für Generationen damit verbaut.

Es wurden nun neue, größere und modernere Hüttenwerke an die im Jahre 1861 eingeweihte Bahnstrecke Siegen-Hagen gebaut, die außerdem noch mit Kohle und Koks betrieben wurden, anstatt mit Holzkohle, wie es bis dahin im Siegerland üblich war. So auch die Kreuztaler Hütte (heute Blefa), die bis 1928 in Betrieb war.

Aber auch den wohl reichsten Berg von Nassau, in dem die Grube ,,Stahlberg’’ in Müsen war, brachte man durch diese starre Haltung in Existenzschwierigkeiten. Aus diesem Grunde projektierte bereits 1863 ein Siegener Bauingenieur zwei Bahntrassen für den Erztransport von Müsen nach Kreuztal zur Bahn. Es waren Schmalspuren mit einer äußerst seltenen Spurweite von 706 mm. Eine war für einen Pferdebetrieb und die andere für einen Lokbetrieb vorgesehen. Die Verbindung ist zwar 1865 von Arnsberg genehmigt worden, aber die Verwirklichung scheiterte an den Kosten.

Als nun Anfang des Jahres 1884 die Secundarlinie der Eisenbahn von Kreuztal nach Hilchenbach, die von Ferndorf über die Hauptstraße, die heutige B508 lief, in Betrieb ging, wurde sofort eine Gleisverbindung von Müsen nach Dahlbruch hergestellt. Damit war die Müsener Erzförderung an das vorher verdammte, aber dringend benötigte Eisenbahnnetz angebunden. Es war eine Schmalspurbahn mit einer Spurweite (Abstand zwischen den Innenkanten der Schienen) von 706 mm.

Der Schienenstrang begann unterhalb der damaligen Schleppbahn am Ende von Müsen, führte dann nach Osten am Berghang entlang in Richtung Dahlbruch. Die Strecke überquerte das Gelände der Firma Sieper auf den Bocherich, lief dann über den heutigen Sportplatz, wo der Lockschuppen stand. Es ging weiter nach Dahlbruch durch die Winterbach und dann auf den jetzigen Hüttenweg. Früher hatte der Hüttenweg den Namen ,,Bähnche’’ wegen dieser kleinen Bahn. Noch heute setzen ältere Mitbürger bei Personen, die hier einst gewohnt haben, vor ihren Familiennamen das Wort ,,Bähnches’’.

Die Schleppbahn war 600 m lang, und führte hoch zur Grube St. Friederich
Die Schleppbahn war 600 m lang, und führte hoch zur Grube St. Friederich

Danach führte die Strecke noch ein Stück über die heutige Hochstraße, wo kurz vor der B508 nach rechts zum alten Bahnhof abgebogen wurde. Unmittelbar von der Hochstraße ging es auf eine hölzerne Rampe. Hier wurden die offenen, kleinen Güterwagen von der Mannschaft der ,,Stahlberger Grubenbahn’’, wie sie offiziell hieß, in die tieferen Eisenbahnwagons gekippt bzw. entladen.

,,Det Juggelche’’ wie die Lok im Volksmund genannt wurde, hatte ebenso wie die Loren vorne und hinten nur in der Mitte einen Puffer. Die erste Lok, die zum Einsatz kam, war eine Dampflok von der Firma Kraus, Baujahr 1883. Sie hatte 50 PS und wog 8,25 t Im Jahre 1918 kam von der Firma Jung ein stärkeres ,,Juggelche’’ mit Feuerbüchse hinzu. Es hatte 150 PS und ein Gewicht von 15 t. Wegen der ungewöhnlichen Spurweite, die aus dem alten Müsener Bergbau stammen muss, konnten die Loks später bei Stilllegung der Bahnstrecke nicht verkauft werden und wurden verschrottet.

Die Gleise vom Dahlbrucher Bahnhof, heute Privathaus (in ihm war auch einmal das Jugendzentrum der Stadt Hilchenbach), hatten eine Gesamtlänge von gut 2.000 m und mündeten in einen kleinen Verschiebebahnhof. Die Verschiebestation, auf der die Züge nach Dahlbruch mit den Erzen aus den Gruben ,,Stahlberg’’ und ,,Wildermann’’ (nur bis zur Schließung im Jahre 1911) zusammengestellt wurden, war viergleisig. Sie lag am unteren Ende der Schleppbahn, etwa in der Höhe des Hüttenweihers.

Die Schleppbahn, die gleichzeitig die Verbindung zu den Gruben herstellte, führte steil bergauf in Richtung Littfeld zur Martinshardt. Sie hatte zwei parallel laufende Gleise, eine Länge von etwa 600 m, und reichte bis zum ,,Alten Schacht’’. Es wurde im Dreierrhythmus gearbeitet. Dies bedeutet, dass drei beladene Wagen, die nach unten fuhren, drei leere nach oben schleppten. Somit entstand der Name Schleppbahn. Die Gleise wurden nach Möglichkeit im Wechsel mit leeren und vollen Loren befahren, die an Drahtseilen, die durch die Mitte der Gleise führten, befestigt waren. Oben, hinter den Schienensträngen der Schleppbahn, war eine zweifache, im Wechsel wirkende Drahtseiltrommel, die durch einen Motor reguliert wurde und im so genannten Trommelhaus stand.

Mit Schließung der Grube Stahlberg am 31. März 1931 beendete auch die Stahlberger Grubenbahn und somit auch ,,det Juggelche’’ seine Tätigkeit. Ein weit über 1.000 Jahre alter bedeutender Erzbergbau ging damit zu Ende.

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